In den USA und in der Schweiz haben die Aktienbörsen den höchsten je erreichten Wert erreicht. Doch die weltweiten Börsen dürften in den kommenden Wochen eine Verschnaufpause einlegen.
Text: Adriano B. Lucatelli*Die Anleger kaufen Aktien, als gäbe es kein Morgen, und der Schweizer Leitindex SMI erreichte im Berichtsmonat den höchsten Stand in seiner Geschichte. Grund für die positive Stimmung an den globalen Börsen boten sowohl die guten Wirtschaftsdaten aus China, die wesentlich zur Zerstreuung der Sorgen der Anleger über den Konjunkturverlauf beitrugen, als auch die starke US-Performance während der Berichtsperiode.
Dennoch dürften die weltweiten Börsen in den kommenden Wochen eine Verschnaufpause einlegen. Rechnet man nämlich die bisherige Performance aufs Gesamtjahr hoch, so zeigt sich, dass Aktien ihre erwartete Jahresperformance bereits übertroffen haben. Da die Notenbanken aber weiterhin alles zur Stabilisierung der Wirtschafts- und Ertragserwartungen unternehmen werden, scheint der Zeitpunkt für eine Baisse-Tendenz nicht unmittelbar bevorzustehen.
Obligationäre, die heuer auf Qualität setzten, sind fast so gut gefahren wie Aktienanleger. So haben zum Beispiel Staatsanleihen und Unternehmensobligationen mit guter Bonität in US-Dollar kräftig zugelegt. Wir favorisieren gegenwärtig etwas längere Laufzeiten, weil wir annehmen, dass die nächste Zinserhöhung des Fed die letzte für diesen Zyklus sein dürfte – falls sie überhaupt kommt. Für die Schweiz schliessen wir hingegen höhere Zinsen nicht mehr aus. Die Schweizerische Nationalbank tönte zwar an, dass sie bereit sei, die Leitzinsen weiter zu senken, doch die Stabilisierung der Wirtschaft in China sowie die Frankenschwäche dürften die exportorientierten Sektoren beflügeln.
Obwohl wir seit längerem einen schwächeren Greenback erwarten, ist bisher wenig geschehen, wenn nicht gar das Gegenteil. Wir bleiben aber bei unserer Einschätzung und erwarten mittelfristig einen schwächeren US-Dollar. Dafür spricht nur schon die sehr laxe Geldpolitik der Fed.
Beim Gold zeichnen sich keine grossen Kursavancen ab. Gegenwärtig riskieren die Anleger lieber etwas am Aktienmarkt, als dass sie ins gelbe Edelmetall investieren würden. Sie stehen aber an der Seitenlinie und warten den günstigsten Moment für den Wiedereinstieg ins Gold ab. So ist jetzt schon klar, dass Gold wieder anziehen wird, sobald sich die Wetterlage an den Börsen trübt.
Kürzlich hat das Weisse Haus den Hahn für iranisches Erdöl zugedreht. Dass es nun keinem Land mehr erlaubt sein soll, Öl von Iran zu beziehen, hat den Preis des schwarzen Golds nach oben gedrückt. Trotzdem glauben wir nicht, dass es zu einem Ölpreis-Rally kommen wird, denn die Entscheidung der USA wird auf lange Sicht nur begrenzte Auswirkungen auf die Rohölpreise haben.
*Der Ökonom Adriano B. Lucatelli ist Co-Founder und CEO von Descartes Finance, einem führenden Robo-Advisor in der Schweiz. Zudem hält er verschiedene Verwaltungsratsmandate.
Disclaimer: Die gemachten Prognosen und Aussagen über die Finanzmärkte widerspiegeln die persönliche Meinung von Adriano B. Lucatelli zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich jederzeit verändern. Verweise auf bestimmte Wertpapiere, Vermögensklassen oder Finanzmärkte dienen nur zu Illustrationszwecken und sollten nicht als Beratung oder Empfehlung in Bezug auf den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren verstanden werden.