Die Biotechnologie gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts und dennoch war der Biotechnologie-Sektor derart stark in den Medien vertreten, wie seit dem Ausbruch des Coronavirus. Das bringt den einen oder anderen Anleger dazu in dieses Segment einzusteigen. Doch allein wegen Covid-19 von kurzfristigen Gewinnerwartungen auszugehen greift zu kurz. Biotech-Investments sind eine Wette auf die Zulassung eines Medikaments.
Text: Thomas BergerEgal ob ein Biotechnologie-Unternehmen in der kurzen Vergangenheit irgendwas mit Corona vorweisen konnte, es wurde an den Börsen nicht nur mit Aufmerksamkeit bedacht, nein vielmehr wurde eine solche Aktie hoch gejubelt und das Unternehmen wurde mit schon fest explodierenden Aktienkursen belohnt. Wer einen Impfstoff im Angebot oder in der Pipeline hat, dessen Wert müsse sich innert Kürze vervielfachen, so das Motto der Anleger. (Lese-Tipp: Die lang unterschätzte Biotechnologie-Branche)
Und es gibt auch tatsächlich Beispiele, bei denen es genauso geschehen war. So zum Beispiel bei Biontech: Anfang März lag der Kurs des Impfstoffherstellers bei knapp 30 Dollar, anfangs Dezember lag die Aktie bei etwa 120 Dollar. Doch mittlerweile warnen einige Experten von einem Einstieg in Impfstoffhersteller mit der Argumentation, es handle sich um einen kurzfristigen Börsenhype.
Heftige Kursreaktionen nicht ausgeschlossen
Wetten auf einzelne Unternehmen sind – mit oder ohne Pandemie – riskant und sollte den Profis überlassen werden. Auch im Coronajahr gilt die alte Börsenregel, dass man nur Aktien von Firmen kaufen sollte, deren Geschäft man versteht. Und selbst dann ist der Kauf von Einzeltiteln oftmals für Privatanleger keine kluge Strategie, da sie Gefahr laufen – mangels vertiefter Kenntnisse – auf das falsche Pferd zu setzen. Und gerade bei Biotech-Unternehmen liegen Erfolg und Misserfolg nahe beieinander, wodurch es häufig zu heftigen Kursausschlägen kommt. Auslöser sind fast immer klinische Daten zu einem in der Entwicklung befindlichen Medikament. Überzeugen die Testresultate, macht der Kurs einen weiteren Sprung nach oben. Wenn nicht, fällt er oft im freien Fall.
Solche Einzelinvestitionen machen in einem Core-Satellite-Ansatz, in dem Biotechfirmen in einem Satelliten als kurzfristiges und spekulatives Objekt allokiert werden, durchaus Sinn. Es ist sozusagen eine kurzfristige Wette. Für ein strategisches Investment sind diversifizierte Lösungen wie Fonds, ETF oder Beteiligungsgesellschaften für die meisten Privatanleger geeigneter. So gibt es an der Schweizer Börse eine Handvoll kostengünstiger ETF, die den Nasdaq-Biotechnologie-Index abbilden. Dieser setzt sich aus rund 200 Positionen zusammen, die entsprechend ihrer Marktkapitalisierung gewichtet sind. Um eine angemessene Risikostreuung zu erzielen, machen die fünf grössten Werte maximal acht Prozent des Index aus. Alle übrigen Positionen werden mit höchstens vier Prozent gewichtet. Unter den Spitzenpositionen befinden sich viele alte Bekannte wie Gilead Science, Amgen, Biogen oder Moderna. Werte, die man spätestens seit dem Pandemiejahr 2020 kennen sollte.
In die Vergangenheit investieren
Obwohl ETF und Indexfonds regelrecht boomen und in etablierten sowie effizienten Märkten durchaus Sinn machen, ist der passive Ansatz in Nischenthemen nicht immer der richtige. Von den knapp 200 Werten im Nasdaq-Biotechnologie-Index notieren seit Jahresbeginn 45 Prozent der Unternehmen im Minus. Während ein passiver Investor diese Verluste mittragen muss, haben aktive Manager die Chance, frühzeitig Highflyer zu identifizieren und in sie zu investieren. Von den schwachen Aktienwerten können sie sich trennen. Die Frage ist, ob das Managementteam über genügend Erfahrung und die nötige Selektionsfähigkeit verfügt, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Indizes sind rückwärtsgerichtete Barometer, die in der Regel ein- bis zweimal im Jahr überprüft und allenfalls angepasst werden. Beim Biotech-Index von Nasdaq findet die Indexüberprüfung nur einmal jährlich statt, jeweils im Dezember. Über eine allfällige Aufnahme entscheidet ein vordefiniertes Indexreglement, das die Aufnahmefaktoren beschreibt. Zwei wichtige Selektionskriterien sind die Marktkapitalisierung und das durchschnittliche Börsen-Handelsvolumen. Denn ETF können wie Aktien jederzeit an der Börse gehandelt werden, wobei die Market Maker eine ausreichende börsentägliche Liquidität sicherstellen.
Dies ist bei kleinkapitalisierten Werten meist schwierig zu erreichen, wodurch sie bei vielen Indexkonzepten durchfallen. So ist beispielsweise Biontech zwar seit 2019 an der Nasdaq gelistet, doch in den Biotech-Index hat es der deutsche Impfstoffhersteller nicht geschafft. Biontech erfüllt die Mindestmarktkapitalisierung von 200 Millionen Dollar (noch) nicht.
Aktives Management bringt Vorteile
Da ihre Zusammensetzung auf der Vergangenheit beruht, verpassen Indizes oft starke Kursentwicklungen – so wie beim eingangs erwähnten Biontech, das seit Jahresbeginn knapp 280 Prozent zugelegt hat. Ähnliches zeigt sich auch bei Moderna, das am 20. Juli 2020 in den Leitindex Nasdaq 100 aufgenommen wurde. Vor der Aufnahme in den breiten Index legte der Aktienkurs seit Jahresbeginn aber bereits 300 Prozent zu. Vor dem Ausbruch des Coronavirus notierte die Aktie, die seit Ende 2018 an der Börse gehandelt wird, zwischen 18 und 22 Dollar. Zum Zeitpunkt der Indexaufnahme waren es bereits rund 73 Dollar.
Aktive Investoren, die bereits Moderna frühzeitig auf dem Radar hatten, konnten also stärker von der fulminanten Kurssteigerung profitieren. Verpasst wurde auch der Kurssprung von Novavax, das als Micro Cap ebenfalls nicht in den Index aufgenommen wurde. Die Aktie des Biotech-Unternehmens stand Anfang Januar bei etwa vier Dollar, seither ist sie um über 2000 Prozent gestiegen.
Das in den letzten Jahren oft verpönte aktive Anlegen kann in Nischenthemen wie eben Biotech sehr wohl für Mehrwerte sorgen – sofern sich das Team auf fundiertes Research zurückgreifen kann und auch von der Benchmark abweicht. Zu prüfen dabei sollte der Privatanleger, wie das Team zusammengestellt ist und was für einen Erfahrungsschatz es aufweist. Die vergangene Rendite zeigt, ob das Team eine überdurchschnittliche Marktrendite erzielen kann.