Bitcoins sicher vererben – so geht’s

Langfristige Anleger kommen nicht umhin, sich Gedanken über die Vererbung ihrer Vermögenswerte zu machen. Wie man bei Bitcoins vorgeht, erklärt Bitcoin-Experte und Buchautor Marc Steiner.

Text: Marc Steiner, Buchautor, Digital-Experte und Bitcoin Berater
Bitcoin vererben

Drei bis vier Millionen – so viele Bitcoins sind aktuellen Studien zufolge verloren, weil ihre Besitzer die Zugangsschlüssel nicht mehr finden. Die Zahlen erschrecken umso mehr, weil es dereinst allerhöchstens 21 Millionen Bitcoins (siehe Grafik unten) geben wird, so sieht es der Algorithmus der führenden Kryptowährung vor.

Die gigantischen Verluste dürften der Nonchalance der Anfangsjahre geschuldet sein. Der Wert des Bitcoins dümpelte lange im Rappenbereich, wenn mal ein paar – oder auch ein paar hundert – Bitcoins verloren gingen, war das halb so wild. Das hat sich gründlich geändert. Angesichts eines Kurses von über 10’000 Franken pro Bitcoin kommt Nachlässigkeit mittlerweile um einiges teurer zu stehen als noch vor wenigen Jahren. Trotzdem dürfte die Menge verlorener Bitcoins mittelfristig weiter ansteigen. Der simple Grund: Die wenigsten Investoren machen sich ernsthaft Gedanken darüber, wie sie ihre Bitcoins sicher vererben. Ein fataler Fehler!

Wertvolle Nullen und Einsen

Der Bitcoin, im Grunde eine digitale Information aus Nullen und Einsen, gilt aus juristischer Sicht als immaterieller Vermögenswert. Doch anders als beispielsweise bei Aktien, ist der Zugriff nur mit dem sogenannten Private Key möglich. Die Sicherheitsstruktur des privaten Schlüssels hilft, einen Benutzer vor Diebstahl oder unbefugtem Zugriff zu schützen. Wer also über diesen Private Key verfügt, kann jederzeit auf das Bitcoin-Vermögen zugreifen. Und andersherum: Wer diesen verliert, verliert den Zugriff auf seine Vermögenswerte. Deshalb ist der Private Key die wichtigste zu vererbende Information.

Doch mit Aufschreiben und Weitergeben des Private Key ist es noch lange nicht getan. Je nach Kenntnisstand können Erben nicht viel damit anfangen. Und auch andere Beteiligte wie Treuhänder, Notare oder Anwälte wissen oft nicht, wie vorzugehen ist. Eine Hotline, die in Notfällen hilft, gibt es in der dezentralen Bitcoin-Welt sowieso nicht. Umso wichtiger ist es deshalb, strukturiert vorzugehen.

 


 Das 21 Limit

Bitcoin 21 Millionen

Bitcoin ist in seiner Menge begrenzt. Es werden niemals mehr als 21 Millionen existieren. Seit der Schaffung nimmt die Zahl neugeschaffener Bitcoin ab: Während der Algorithmus heute 6,25 Bitcoin pro zehn Minuten produziert, werden es 2024 noch 3,125, 2028 nur noch 1,5625 sein, bis ungefähr im Jahr 2140 alle Bitcoin geschöpft sind. Insgesamt befinden sich aktuell etwa 18,5 Millionen Bitcoins im Umlauf. Durch die Knappheit der Bitcoins soll ihr Wert gesichert werden, ähnlich wie beim Gold. Mehr dazu: Was man zu Kryptowelt wissen muss.


Ohne Nachlassplan geht’s nicht

Die sichere Vererbung von Bitcoins beginnt mit deren sicherer Verwahrung. Die meisten Investoren speichern die Private Keys zu ihren Bitcoins in Wallets, also digitalen Brieftaschen. Auf diese Weise ist jeder von ihnen «seine eigene Bank» und muss sich weder auf teils dubiose Kryptobanken noch andere Verwahrer verlassen. Und das ist auch gut so: Konten bei Drittanbietern können jederzeit eingefroren, Transaktionen nicht ausgeführt werden wie jüngst bei Coinbase, einer der führenden amerikanischen Krypto-Börsen, geschehen. Nicht umsonst lautet ein Sprichwort in der Szene: «Not Your Keys, Not Your Coins».

Sobald die Bitcoins sicher verwahrt sind, kann es im nächsten Schritt ans Vererben gehen. Es gilt, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit die Erben – und niemand sonst – auf die Bitcoins zugreifen können. Wer dies sicherstellen will, braucht einen im wahrsten Sinn wasserdichten Nachlassplan. Dieser beinhaltet alle wichtigen technischen Informationen und Anleitungen, die für den Zugriff auf die Bitcoins notwendig sind.

Komplizierte Erbschaft

Weil jede Erbkonstellation anders ist, muss ein guter Nachlassplan den individuellen Bedürfnissen angepasst sein. Mehrere Erben, eine zerstrittene Patchwork-Familie oder anderweitige Ideen, was mit dem Bitcoin-Erbe passieren soll: Mit der richtigen Vorbereitung und passenden Tools ist alles möglich. Ebenfalls denkbar ist, den Bitcoin-Nachlassplan in ein bereits bestehendes «analoges» Testament zu integrieren.

Aber Vorsicht: In diesem Fall darf er nicht sämtliche Zugangsdaten oder den rohen Private Key enthalten, weil sonst während dem offiziellen Nachlassverfahren Drittpersonen Zugriff darauf erhalten. Die sensiblen Informationen müssen auf anderem Weg zu den Erben gelangen.

Zeit zu handeln

Wurde der Nachlassplan erstellt, geht es im nächsten Schritt darum, ihn an sicheren und voneinander unabhängigen Orten zu verwahren. Das ist mitunter eine Wissenschaft für sich, der Investor muss alle Eventualitäten mitdenken. Zwingend nötig ist mindestens die doppelte Ausführung: Falls man nur ein Exemplar des Nachlassplans zu Hause aufbewahrt und es kommt zu einem Brand oder Wasserschaden, wären die Bitcoins für immer verloren. Nicht zu unterschätzen ist auch die Frage, wie man seine Erben sicher über den Plan in Kenntnis setzt.

Sie merken: Die Vererbung der Kryptowährung Bitcoin sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Fehler gilt es um jeden Preis zu vermeiden, denn die werden mitunter gnadenlos bestraft. Der allergrösste Fehler ist jedoch, nichts zu tun. Allen Bitcoin-Investoren rate ich deshalb dringend, sich mit dem – zugegeben, etwas unbehaglichen – Thema Vererben auseinandersetzen. Damit sich das eigene hart erarbeitete Vermögen nicht irgendwann zu den drei bis vier Millionen verlorenen Coins im Bitcoin-Nirwana gesellt.


Lese-Tipp: Bitcoin vererben

«BITCOINS VERWAHREN UND VERERBEN » erklärt verständlich den Bitcoin-Nachlass. Ganz nebenbei lernt der Leser den Umgang mit den Begriffen, die in der Bitcoin-Welt immer wieder auftauchen. Erhältlich über aprycot.media oder marcsteiner.tecBitcoin vererben


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