Blackrock hat sich das ETF-Geschäft der Credit Suisse einverleibt. Nicht nur für die Bank ergeben sich dadurch Änderungen, sondern auch für die Anleger.
Text: Barbara KalhammeriShares übernimmt die ETF-Sparte der Credit Suisse. Zahlreiche Produkte, wie die auf Schweizer Indizes oder Gold, haben das Fondsdomizil Schweiz. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber einem Fondsdomizil im Ausland. iShares hat bis dato keine CH-Plattform. Was geschieht mit diesen Produkten?
Die beiden Produktpaletten ergänzen sich sehr gut. Mit der Übernahme kommt eine Schweizer Plattform neu hinzu, und damit in der Schweiz domizilierte und in Franken denominierte ETF. Diese Fonds, beispielsweise der SMI-ETF, die SBI-ETF-Familie oder auch der Gold-ETF sind wichtige und grosse Allokationen bei vielen unserer Kunden wie Privatbanken und unabhängigen Vermögensverwaltern. Genauso wichtig ist aber der institutionelle Bereich, also kleine und mittlere Pensionskassen, Versicherungen sowie Treasuries. Bei diesen Kunden ist die Franken-Quote als Kernallokation, aber auch aufgrund des regulatorischen Umfelds bedeutend. Mit dem erweiterten Angebot können wir dieses Bedürfnis abdecken.
Warum werden bei Schweizer Indizes in der Regel Schweizer Fonds vorgezogen?
Einerseits ist das Domizil eines Fonds für steuerliche Aspekte entscheidend, andererseits ist der regulatorische Hintergrund relevant. Insbesondere Pensionskassen sind bei ihren Anlageentscheidungen meist an diverse Vorgaben gebunden. So dürfen sie und auch gewisse Fonds nur in ETF investieren, die bezüglich der verwalteten Vermögen oder der ausstehenden Titel eine bestimmte Mindestgrösse erreichen. Das heisst, dass viele grössere Investoren für einen kleinen Fonds gar nicht in Frage kommen.
Welche Auswirkungen hat die Übernahme beispielsweise auf Anleger des CS-ETF auf den SMI? Dieser ist immerhin der grösste ETF auf einen Schweizer Index und der umsatzstärkste ETF der Schweiz.
Für Anleger in CS ETF ergibt sich gegenwärtig kein Handlungsbedarf. Der CS SMI-ETF, den es seit mehr als zehn Jahren gibt und der ein verwaltetes Vermögen von derzeit 3,5 Milliarden Franken hält, zählt in der Tat zu den Schwergewichten in den Portfolios der Anleger. ETF wie dieser ermöglichen es uns, den Kunden eine noch umfassendere Produktpalette anzubieten.
Einige Indizes werden von beiden Häusern abgebildet. Werden Produkte zusammengeschlossen?
Wir diskutieren jetzt, wie die gemeinsame Plattform organisiert wird. Die Gespräche sollten bis Mitte Jahr abgeschlossen sein. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob und welche Anpassungen allenfalls nötig sind.
Haben Anleger möglicherweise Vorbehalte, allenfalls auch wegen steuerlichen Bedenken, gegenüber einem US-Haus?
Nein. Privatbanken haben eine gewisse Vorliebe für europäische UCITS-Fonds, sie ziehen diese gegenüber den SEC-registrierten US-ETF vor. Der Grund sind Bedenken wegen Fatca und den in Steuerfragen generell angespannten Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA. Das äussert sich aber auf der Ebene des Fonds und nicht des Fondsanbieters oder des Mutterhauses.
Welche weiteren Auswirkungen hat dieser Zusammenschluss für Investoren?
Sie erhalten ein breiteres Angebot aus einer Hand. Über die kombinierte Plattform können Schweizer Investoren auf das grösste europäische ETF-Angebot in den Kategorien Aktien, Obligationen und Gold zugreifen.
Diversifikation geschieht ja nicht nur über verschiedene Assets, sondern auch über mehrere Emittenten. Es ist anzunehmen, dass viele der übernommenen CS-Kunden bereits iShares-Produkte halten. Rechnen Sie diesbezüglich auch mit Abflüssen?
Indexfonds sind ein Skalengeschäft. Um es profitabel zu betreiben und um Investoren mit guten, attraktiven Produkten bedienen zu können, ist Grösse entscheidend. Wir gehen darum mittelfristig von einer weiteren Konsolidierung aus. Sowohl Nischenanbieter wie breit aufgestellte Anbieter können das Geschäft profitabel betreiben. Ausserhalb dieser beiden Kategorien wird es schwieriger. Inwieweit es als Folge dieses Prozesses zu Umschichtungen oder Abflüssen kommt, ist aus heutiger Sicht jedoch nicht abschliessend zu beurteilen.
Blicken wir in die Zukunft: Die ETF Branche hat erfolgreiche Jahre hinter sich. Wie sehen Sie in Europa, insbesondere in der Schweiz, die Wachstumschancen?
Die europäische ETF-Branche ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte. Seit dem Start im Jahr 2000 ist das verwaltete Vermögen auf aktuell rund 387 Milliarden Dollar wachsen. Die vielen Vorteile – Liquidität, Transparenz, Kosteneffizienz, gute Handelseigenschaften und die Tatsache, dass man mit nur einer Transaktion in bis zu mehrere hundert Titel investiert – überzeugen nebst den professionellen Investoren auch immer mehr Privatkunden. Wir gehen davon aus, dass ETF das Wachstum fortsetzen und ihren Platz in den Portfolios ausbauen können. Trends wie Obligationen-ETF, die sich vergangenes Jahr etabliert haben und sich hoher Beliebtheit erfreuen, werden bei einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld unserer Ansicht nach auch 2013 eine wesentliche Rolle spielen. So erwarten wir bei den global verwalteten Vermögen in Obligationen-ETF in den kommenden zehn Jahren eine Zunahme von derzeit 300 Milliarden Dollar auf zwei Billionen.
Dennoch sind ETF bei vielen Privatanlegern noch nicht angekommen. Wo drückt der Schuh?
Tatsächlich ist das Potenzial immer noch gross. In Amerika sind ETF bei privaten Anlegern bereits weit verbreitet. Sie machen gegenüber den institutionellen Kunden bereits etwa 50 Prozent der verwalteten Vermögen aus. In Europa dagegen sind überwiegend Institutionelle in ETF investiert. Allerdings befindet sich der Anlagemarkt im Wandel und so werden nach und nach auch ETF im Beratungsgeschäft empfohlen. Das hat es so vor zwei oder drei Jahren noch nicht gegeben. Aus- und Weiterbildung für das eigenverantwortliche Anlegen bleiben unseres Erachtens aber zentral, um die Marktdurchdringung von ETF gerade in Europa und der Schweiz zu erhöhen.
Worauf ist bei der Selektion eines ETF zu achten? Was würden Sie einem Anleger raten?
Zunächst sind die Eigenheiten der einzelnen Produkte und die Qualität der Produktanbieter wichtig. Daneben kommt es aber vor allem auf den Index an. Der Anleger muss sich im Klaren sein, in welche Anlageklasse er investiert und wie sich der Index zusammensetzt, etwa wie breit er diversifiziert ist. Weiter müssen die gesamten Kosten für ein Produkt, die Total Cost of Ownership (TCO), in die Analyse einbezogen werden. Darunter fallen beispielsweise Verwaltungsgebühren, Transaktionskosten sowie der Spread. Auch steuerliche Gesichtspunkte sind relevant, sie können nennenswerte Performanceunterschiede zur Folge haben. Anleger sollten zudem die Struktur des ETF betrachten. Zu guter Letzt spielt die Liquidität eine nicht zu unterschätzende Rolle. Sie entscheidet über die Frage, wie gut ein Produkt über die Börse gehandelt werden kann.
Christian Gast ist Leiter iShares Schweiz.