Kolumne
Fabian Schär
Dr. Fabian Schär  Geschäftsleiter Center for Innovative Finance, Universität Basel

Das Bitcoin Experiment

Fabian Schär liefert eine Stellungnahme zur Kritik an der Kryptowährung Bitcoin.

Fast täglich wird in den Medien über das vermeintliche Versagen von Bitcoin und der Blockchain-Technologie berichtet. Glaubt man den Berichten, stehen Kryptowährungen stets aufs Neue vor ihrem Untergang.

Im Fokus der Kritik stehen zumeist Probleme bei der Skalierung und das Argument, dass Kryptowährungen ineffizient und ohne jeglichen Nutzen seien. Oft ist die Kritik aber das Resultat sehr oberflächlicher Recherchen und des ökonomischen und technologischen Unverständnisses der Kritiker. Hartnäckig hält sich beispielsweise die Behauptung, dass das Bitcoin-Netzwerk auf knapp sieben Transaktionen pro Sekunde beschränkt sei.

Diese Aussage ist fragwürdig, da dabei alle aktuellen Entwicklungen und Fortschritte bei der Skalierung ignoriert werden. Bereits heute können über das sogenannte Lightning-Netzwerk, das als zweites Netz über Bitcoin aufgespannt wird und dabei von dessen Sicherheit und Dezentralität profitiert, tausende von Transaktionen pro Sekunde verbucht werden.

Viele Indizien deuten darauf hin, dass die Technologie zeitnah genügend breit abgestützt sein wird, um problemlos mit dem Transaktionslevel von Kreditkartennetzwerken mithalten zu können. Die oft kritisierte rund zehnminütige Wartezeit bis zur endgültigen Verbuchung einer Bitcoin-Transaktion entfällt durch diesen Skalierungsansatz. Lightning-Transaktionen sind unmittelbar gültig und wären problemlos für Zahlungen an einer stationären Kasse einsetzbar.

Bitcoin als Geldeinheit

Beim mittlerweile zum Klassiker gereiften Vorwurf – Bitcoin verfüge über keinen Fundamentalwert und sei deshalb nicht als Geldeinheit geeignet –, geht vergessen, dass diese Aussage auf alle gängigen Währungen zutrifft. Ökonomisch betrachtet, ist dies also weder etwas Neues, noch wahnsinnig bedenklich. Im Gegenteil, die Verwendung einer inhärent wertlosen Geldeinheit ist eigentlich sogar effizient.

Es gibt jedoch einen Grund, der tatsächlich gegen Bitcoins Funktion als Geldeinheit spricht: die Preisvolatilität. Trifft eine starre Angebotsmenge auf eine sich verändernde Nachfrage, wird dies zu Preisschwankungen führen. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass Bitcoin jemals die kurzfristige Preisstabilität der staatlichen Währungen erreichen wird. Als transaktionale Währung für Alltagseinkäufe ist Bitcoin somit eher ungeeignet.

Ausserhalb des Finanzsystems

Betrachtet man die Geschichte der staatlichen Währungen, wird schnell klar, dass eine flexibel anpassbare Geldmenge ebenfalls zu Problemen führen kann. Oft wurden Zentralbanken zum Spielball der Politik, und Hyperinflationen können im 20. Jahrhundert nicht als Seltenheit bezeichnet werden.

Technisch wie auch ökonomisch verfügt Bitcoin somit über die Eigenschaften, um zu einer interessanten – wenn auch hochriskanten – alternativen Anlage heranzureifen, die eigenständig und ausserhalb des Finanzsystems gehalten und sehr effizient übertragen werden kann.

Ob sich Bitcoin jedoch längerfristig durchsetzen wird, ist noch nicht absehbar. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, die wiederum zu einer Vielzahl möglicher Szenarien führen, darunter auch die beiden Extreme: Bitcoin wird komplett wertlos oder ein unverzichtbarer Bestandteil der Ökonomie.

Eines kann jedoch bereits heute festgehalten werden: Bitcoin ist ein fantastisches Experiment, hat viel Innovationskraft in einen ansonsten starren Teil der Wirtschaft gebracht und sorgt dafür, dass bei einer ganzen Generation neues Interesse an Finanzmärkten und Geldtheorie geweckt wird.

Dr. Fabian Schär ist als Geschäftsleiter für das Center for Innovative Finance der Universität Basel tätig.


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