Aktien aus den Schwellenländer stehen bei vielen Anlegern weit oben. Der einfachste Weg für eine diversifizierte Umsetzung bieten ETF an. Doch nicht jeder ETF ist gleich gut. Das Analysehaus Xenix hat die in der Schweiz zugelassenen Aktien-ETF für Schwellenländer einem Qualitätstest unterzogen.
Text: Dr. Markus Thomas*Die OECD schrieb in ihrem letzten Wachstumsausblick für die Weltwirtschaft vom «Bedarf der Geschwindigkeit» (need for speed). Die Wirtschaftsauguren gehen von einem weltweiten Wachstum von mehr als 5% für das Jahr 2021 aus und prognostizieren den asiatisch-pazifischen Ländern einen Wachstumssprung von bis zu 8%. Ein Grossteil der Wachstumshoffnungen entfallen also auf die Schwellenländer, weshalb Investoren neben Wetten auf einzelne Länder, vor allem indexbasierte Anlagen in global anlegende Emerging Markets ETF interessieren.
Der MSCI Emerging Markets Index und der FTSE Emerging Index sind globale Aktienindizes und fassen jeweils rund zwei Dutzend Schwellenländer zusammen. An den Börsen SIX Swiss Exchange und BX Swiss haben private Anleger rund 30 Aktien-ETF auf diese beiden globalen Leitindizes für Schwellenländeraktien zur Auswahl. Seit 2018 gibt es zusätzlich zu den klassischen Emerging Markes Aktien-ETF auch ökologisch-sozial ausgerichtete Varianten, die von den Anbietern mit den Bezeichnungen «ESG» oder «SRI» versehen werden.
XENIX hat insgesamt 15 thesaurierende und globale Aktien-ETF für Schwellenländer einem Qualitätstest unterzogen. Welcher dieser 15 Aktien-ETFs ist nun die beste Wahl für Schweizer Anleger?
Indexvergleich bei Schwellenländer-Aktien: MSCI oder FTSE?
Ein wesentliches Kriterium für die Auswahl von ETF ist ein genauer Blick auf die zugrundliegenden Indizes. Abbildung 1 zeigt in der dritten Zeile, dass der «MSCI EM Index» aktuell zwar Aktien aus 27 Staaten berücksichtigt, aber insgesamt mit rund 1400 Indexmitgliedern rund 400 Aktien weniger beinhaltet als der breite «FTSE Emerging Index».
Die breiteste Benchmark für Schwellenländeraktien ist der «MSCI EM IMI Index». Das Kürzel «IMI» steht für «Investable Market Index» und signalisiert, dass der Indexanbieter MSCI neben rund 1400 Large und Mid Caps auch nochmals fast 1700 Small Cap-Schwellenländer-Aktien berücksichtigt. Deshalb ist der «MSCI EM IMI Index» aktuell mit insgesamt 3075 Aktien der breiteste Vergleichsmassstab für Investitionen in Schwellenländer-Aktien.
Hinweise und Haftungsausschluss: Alle ETF-Angaben gemäß ETF-Anbietern mit Stand: 31.03.2021. Alle Angaben ohne Gewähr. Bitte beachte, dies ist keine Empfehlungsliste. © XENIX im Mai 2021.
Aktienindizes für die Schwellenländer, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, lassen sich vereinfacht in zwei Typen unterteilen:
1) Marktbreite ESG-Indizes
ESG-Indizes enthalten unter Berücksichtigung von Umwelt, Soziales und Unternehmensführung fast alle Unternehmen oder Branchen der Standardaktienindizes, aber aus Nachhaltigkeitsgründen werden vor allem Unternehmen, die kontroverse Produkte, wie beispielsweise Waffen, Tabak, Kohle oder Kernenergie produzieren, ausgeschlossen.
2) SRI-Indizes mit Blue-Chip-Ansatz
SRI-Indizes repräsentieren häufig nur die Spitze des Aktienmarktes. Diese Indizes für «Socially Responsible Investing (SRI)» nutzen die genannten Ausschlusskriterien und konzentrieren sich meist auf die 25% nachhaltigsten Unternehmen des Ursprungsindex. SRI-Indizes repräsentieren also nicht mehr die ganze Breite eines Marktes. Im Ergebnis werden so viele globale Schwellenländer-ETF technologielastiger, weil Software- und Internet-Unternehmen weniger umweltschädlich als Öl- und Gas- oder auch Industrie-Unternehmen eingestuft werden.
Nachbildungsunterschiede: ETF-Klassikern versus Öko-Varianten
Zahlreiche MSCI Emerging Market-Aktien-ETF haben eine Historie von mehr als zehn Jahren. Viele der berücksichtigten EM-ETF, insbesondere die ökologischen Varianten, wurden erst in letzten drei bis vier Jahren aufgelegt. Die Nachbildungsgenauigkeit der 15 bewerteten Aktien-ETF kann lediglich für das Kalenderjahr 2020 mit dem jeweiligen Referenzindex sowie auch untereinander verglichen werden.
Allein auf das Fondsvolumen eines ETF oder seine in der Vergangenheit erzielte Wertentwicklung zu achten, ist der falsche Ansatz, um wirklich Qualitäts-ETF identifizieren zu können. Deshalb wollen wir die Tracking Difference (Hintergründe zur ETF Abbildungsqualität) hervorheben, die Anlegern zeigt – unabhängig vom jeweiligen Index – wie präzise und konsistent ein ETF wirklich verwaltetet wird. Wie stark ein ETF von seinem Vergleichsindex abweicht, ist in Abb. 2 für das Kalenderjahr 2020 und (soweit möglich) auch für die unterschiedlichen Zeiträume seit Auflage der 15 hier untersuchten Schwellenländeraktien-ETF ersichtlich.
Die besten Schwellenländer ETF
Hinweise und Haftungsausschluss: Alle ETF-Angaben gemäß ETF-Anbietern mit Stand: 31.03.2021 oder 28.04.2021. Alle Angaben ohne Gewähr. Bitte beachten Sie, dies ist keine Empfehlungsliste. © XENIX im Mai 2021. Diese Übersicht mit qualitativen Ratingergebnissen darf – auch auszugsweise – ohne vorherige schriftliche Zustimmung von XENIX von Dritten nicht verwendet werden.
Es wäre wünschenswert, wenn alle ETF-Anbieter annualisierte und auch auf Kalenderjahre bezogene Tracking Difference-Werte veröffentlichen würden. Wir raten allen Anlegern, die «ETF-Breite», also die Anzahl der wirklich im ETF angelegten Wertpapiere, bei der ETF-Auswahl in Verbindung mit der Tracking Difference zu nutzen.
Die in der Vergangenheit erzielte Wertentwicklung oder die vorab nur unverbindlich angegebenen Kosten gemäss der Total Exspense Ratio (TER) erlauben Anlegern keine Rückschlüsse auf die Qualität einzelner Emerging Markets-Aktien-ETF. Ein vollumfassendes Qualitätsbild jedes ETF muss weitere Dimensionen berücksichtigen, dazu gehört beispielsweise auch die börsentägliche Transparenz des dem ETF zugrundliegenden Portfolios.
Eindeutige Ratingergebnisse
Das XENIX ETF-Rating berücksichtigt neben der Nachbildungsdifferenz eine Vielzahl weiterer Kriterien. Diese qualitative Bewertung führt zu einem klaren Ergebnis: Anleger, die global, marktbreit und thesaurierend in Schwellenländer-Aktien-ETF investieren möchten, sollten einen der sieben ETF auswählen, die als überdurchschnittlich gut mit vier oder fünf Qualitätssternen bewertet werden, darunter sind auch zwei marktbreite ESG-ETF.
Die übrigen vier, überwiegend erst seit kurzer Zeit angebotenen ETFs mit zusätzlichen ESG- bzw. SRI-Filtern erhalten bisher jeweils nur zwei oder drei XENIX STARS. Sie sind qualitativ (noch) keine wirkliche Alternative zu den besten globalen Schwellenländer-Aktien-ETF. Ob und wie sich dies ändert, werden wir anhand der vierteljährlichen Überprüfung des ETF-Ratings beobachten.
*Dr. Markus Thomas, Autor des ETF-Anlegerbuches und Chef des Berliner Analysehauses XENIX.