Die gängigsten Halbwahrheiten der Krypto-Welt

An Bitcoin und Co. spalten sich die Geister. Sie werden entweder geliebt oder gehasst, verklärt oder verteufelt. Zu oft schleichen sich auf beiden Seiten Halbwahrheiten ein, die sich zwar hartnäckig halten, jedoch kaum zum Erkenntnisgewinn über das Phänomen beitragen.

Text: Pascal Hügli (Text) & Fabian Widmer (Illustrationen)

Es herrscht ein Krieg der Welten. Kein Anlagethema elektrisiert zurzeit so sehr wie der Bitcoin: Er ist Faszination und Provokation zugleich. Ursprünglich als techno-anarchistisches Unterfangen ins Leben gerufen, hat er sich mittlerweile in ein weltumspannendes Phänomen gewandelt, das unzähligen Krypto-Assets den Weg geebnet hat. Die Jünger sind überzeugt, dass sie – in markt-anarchistischer Manier – die Finanzwelt revolutionieren. Andere halten dies für kurios bis absurd und kritisieren dementsprechend. Eine genaue Analyse zeigt jedoch: Oft ist die Realität kaum so schwarz-weiss, wie sie gemalt wird. Es folgen die gängigsten Halbwahrheiten der Krypto-Welt:

Sicherheit

Angesichts der zahlreichen Hacks können Bitcoin und Co. doch niemals sicher sein, so die Kritiker! Doch wer genauer hinschaut, merkt: Nicht die Blockchain, die zugrundeliegende Technologie, wird immer wieder Opfer von Betrügern, sondern die Tauschbörsen, welche die Krypto-Assets verwahren. Öffentliche Blockchains, allen voran diejenige von Bitcoin, wurden bis zum heutigen Tag kein einziges Mal gehackt. Dank ihres dezentralen Charakters verfügt eine Blockchain nicht über einen zentralen Angriffspunkt – und ist darum sicherer als zentralisierte Systeme.

Dreckschleuder

Kritiker tadeln: Bitcoin verschlingt grosse Mengen an Energie. Damit haben sie nicht unrecht. Vergessen geht dabei: Das Bitcoin-Mining ist ortsunabhängig und daher hoch kompetitiv. Oftmals sind Miners dort, wo der Strom aufgrund eines Überangebotes günstig ist wie bei Solar- und Windstrom. So helfen Miners erneuerbare Energien zu amortisieren, z. B. in China, das dabei ist, 367 Mrd. für solche auszugeben. Wird Bitcoins Stromverbrauch bis in alle Ewigkeit wachsen? Eher das Gegenteil ist der Fall: Alle vier Jahre verringert sich die neu geschaffene Menge an Bitcoins und damit die Einkünfte der Miner. Teile ihrer Hardware werden unprofitabel und müssen eingestellt werden. Die Folge ist ein niedriger Stromverbrauch.

Wertlos

Bitcoin kann man nicht anfassen, ergo haben sie keinen intrinsischen Wert, wird beanstandet! Das stimmt, doch ökonomisch gesehen hat nichts an und für sich Wert. Es sind stets wir Menschen, die einer Sache einen Nutzen und somit einen Wert beimessen. Dass wir in einer digitalen Welt virtuelle Attribute für wertvoll erachten, scheint nicht absurd. Sollten wir uns dereinst auf eine allgemein akzeptierte Internetwährung einigen können, muss diese virtuell sein, was einer scheinbar wertlosen Sache dann doch einen Wert gibt.

Geldwäscherei

Eine häufige Kritik: Nur Drogenhändler und Geldwäscher verwenden Bitcoin und Co! Eine Studie der Foundation for Defense of Democracies (FDD) zeigt jedoch das Gegenteil: Weniger als ein Prozent aller Bitcoin-Transaktionen sind illegaler Natur. Bitcoin und viele andere Kryptowährungen eignen sich kaum für dunkle Geschäfte. Sie sind eben pseudonym und nicht anonym: Ihre ganze Blockchain ist öffentlich einsehbar und jede einzelne Transaktion ist nachvollziehbar. Denkbar schlecht für Kriminelle also.

Massentauglich

Visa verarbeitet ungefähr 24 000 Transaktionen pro Sekunde – Bitcoin schafft deren 7, Ethereum bringt es auf 20. Wie wollen die Krypto-Asset hier jemals mithalten, lautet der Einwand. Die Antwort: mit Skalierungslösungen. An solchen arbeitet die Krypto-Community eifrig. Die gleiche Debatte umgab schon das Internet. Wer in den 1990er-Jahren eine zehn Sekunden lange Videosequenz downloaden wollte, musste Stunden warten. Heute streamen wir Kinofilme in Echtzeit.

Scam

Kritiker behaupten: Die Krypto-Welt ist nicht reguliert – es würden nicht die gleichen Regeln wie in der «normalen» Welt gelten. Dass Regulatoren im Hintertreffen sind, ist wenig überraschend: Schliesslich eröffnen sich mit der Blockchain-Technologie bis dato unbekannte neue Geschäftsfelder, für die eine vernünftige Regulierung erst geschaffen werden muss. Doch auch für Krypto-Firmen gelten die bestehenden Gesetze. Die anerkannten Projekte im Krypto-Bereich halten sich schon heute an die gängigen Anti-Geldwäsche- und Know-Your-Customer-Richtlinien.

Blase

Das Krypto-Phänomen ist doch eine Blase, die irgendwann platzen und wieder verschwinden wird, so der Vorwurf. Natürlich ist es eine Blase – das muss aber nicht schlecht sein. Blasen sorgen für Aufmerksamkeit, ziehen Talente und Kapital in das Ökosystem und begünstigen Innovation. Platzt die Blase, verschwinden jene Projekte ohne Berechtigung, während einige wenige Juwelen übrigbleiben und die Welt nachhaltig verändern. Die Dotcom-Blase, aus der Amazon und Google hervorgingen, hat es vorgemacht.

Tabula rasa

Es ist davon auszugehen, dass die Blockchain bestehende Geschäftsmodelle, ganze Märkte, ja sogar die Struktur des gesamten Internets umkrempeln wird. Bestehende Einnahmequellen von Privatwirtschaft und Staat sind bedroht. Staaten werden daher geschlossen gegen die gesamte Krypto-Welt vorgehen und diese zerstören, lautet eine Kritik.Wohl kaum. Zu lukrativ sind die Aussichten und Möglichkeiten von Crypto Finance. Die Blockchain ermöglicht neue Geschäftsfelder und Ertragsquellen. Es wird immer Staaten geben, die sich diese Vorteile sichern wollen, um sich gegen andere Nationen behaupten zu können. Gerade die Schweiz, «Crypto Nation Switzerland», könnte hier Vorreiter sein, um Talente und Firmen anzulocken.

 

 

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