Die Geschichte der ETF-Branche ist zwar jung, aber bereits reich an Höhepunkten. In nur wenigen Jahren haben die Indexprodukte einen beispiellosen Aufstieg erlebt. Wir zeigen die wichtigsten Meilensteine der Geschichte, die den Weg zum Erfolg ebneten.
Text: Barbara KalhammerGerade einmal 20 Jahre ist es her, als der erste ETF auf den Markt gebracht wurde. Dieses Jubiläum feiert vor allem jenes Unternehmen, das damals den Grundstein für den Erfolg der Produkte gelegt hat, State Street Global Advisors. Gelistet wurde das Produkt, der SPDR S&P 500 ETF, an der American Stock Exchange. Anfänglich verwaltete der ETF 6,5 Millionen Dollar, heute sind es über 125 Milliarden. Damit ist «Spider», wie der ETF genannt wird, der grösste seiner Klasse. Und das meistgehandelte Wertpapier der Welt dazu. Die Geschichte beginnt jedoch schon früher, denn der Lancierung des Produkts gingen einige wichtige Schritte voraus.
Technologische Neuerungen
Anfang der 70-er Jahre wuchs unter den Anlegern der Eindruck, dass aktive Investmentstrategien oft nicht in der Lage sind, die zugrundeliegende Benchmark zu übertreffen. Diese Skepsis griffen die Finanzexperten William Shape und Bill Fouse auf. 1971 brachten sie den ersten Indexfonds für professionelle Anleger, den «Samsonite Pension Fund», auf den Markt. Dieser bildete die Entwicklung der 1500 damals an der New York Stock Exchange gehandelten Titel ab. Lediglich einmal täglich wurde der Nettoinventarwert berechnet. Initiant des Produkts war Samsonite Junior, Erbe des Edelkoffer-Imperiums, der bei Harry Markowitz sein Studium absolvierte.
Wenige Jahre später folgte der erste Indexfonds für Privatanleger. 1976 gründeten John Bogle und Burton Malkiel die Investmentgesellschaft Vanguard und lancierten ihr erstes Produkt, den Vanguard 500. Aufgrund von Verständnisproblemen und einem hohen Ausgabeaufschlag fand das Vehikel aber keinen grossen Anklang. Erst mit dem technischen Fortschritt zu Beginn der Achtzigerjahre wurde es möglich, grosse Aktienkörbe und Futures mit nur einem Auftrag zu handeln.
Obligationen rücken in den Fokus
In den Jahren nach dem ersten ETF kamen bereits früh fokussierte Produkte auf den Markt. So wurde 1995 beispielsweise ein ETF auf amerikanische Mid-Cap-Unternehmen gelistet. Ein Jahr später wurde das Angebot durch ETF ergänzt, die die Performance einzelner Länder wie der Schweiz und Deutschland abbildeten. 1998 schliesslich folgte der erste Sektoren-ETF. Beschränkten sich die Neuemissionen zu Beginn ausschliesslich auf die Aktienmärkte, wagten sich die Emittenten 2002 in den Anleihenbereich vor. Den Auftakt machte iShares mit einer kleinen Palette verschiedener Laufzeiten. Der Grund für den späten Start der Obligationen-ETF dürfte darin liegen, dass Bond-Märkte eine geringere Liquidität aufweisen.
Darüber hinaus findet der Obligationenhandel im Gegensatz zum Aktienhandel grösstenteils ausserbörslich statt. Die Preisbildung unterliegt somit zahlreichen anderen Einflüssen, die nicht immer für alle Marktteilnehmer transparent sind. Um die breiten Obligationenindizes einfacher abbilden zu können, wird oft eine Optimierung vorgenommen. Beim sogenannten Sampling werden nur ein Teil der Indexwerte erworben. Anfänglich wurden nur Staatsanleihen abgebildet, mit der Zeit folgten Unternehmens- und Hochzinsanleihen. Heutzutage stehen bereits mehr als 600 Obligationen-ETF zur Verfügung. Gegenüber den etwa 2600 Aktien-ETF sind sie klar in der Minderzahl, doch ihre Anzahl dürfte in den nächsten Jahren noch deutlich ausgeweitet werden. Experten sehen hier den aussichtsreichsten Wachstumsmarkt der Branche. Anzeichen dafür gab es bereits 2012, als die Zuflüsse mit 70 Milliarden Dollar einen neuen Rekord erreichten.
Aktive ETF
2003 erfolgte ein weiterer Meilenstein: der Eintritt in die Schwellenländer. Auch hier war iShares Vorreiter. Ihr ETF auf den MSCI Emerging Markets ist heute 52 Milliarden Dollar schwer. Deutlich mehr Mittel konnte das erste Gold-Produkt einsammeln, der 2004 lancierte SPDR Gold Trust. Per Januar 2013 waren in das Produkt mehr als 71 Milliarden Dollar investiert. Der letzte wichtige Meilenstein in der Geschichte in den USA war die Schaffung von aktiven ETF, die eine alternative Gewichtung vornehmen. Schon seit Jahren steht die Gewichtung der Indexbestandteile nach Marktkapitalisierung in der Kritik.
Nun werden zusehends Barometer entwickelt, die den Schwerpunkt auf Volatilität oder fundamentale Auswahlkriterien legen. Den Anfang machte der S&P 500 Low Vola von Powershares, der in die 100 Aktien des S&P 500 mit der geringsten Schwankungsbreite investiert. Mit diesem Produkt konnten Anleger erstmals mit ETF eine direkte Strategie umsetzen. Das Angebot in diesem Bereich nimmt kontinuierlich zu. Sowohl ETF- wie auch Fondsanbieter sehen im aktiven Indexing einen neuen Wachstumsmarkt. Anfang 2012 wagte Pimco diesen Schritt und legte den Pimco Total Return ETF auf. Er ist das Pendant des PIMCO Total Return, dem derzeit grössten Anleihenfonds der Welt. Der ETF von Bill Gross erfreut sich enormer Beliebtheit, bereits mehr als 3 Milliarden Dollar wurden in das Produkt investiert.
Expansion nach Europa
Ein wichtiger Meilenstein für die Erfolgsgeschichte war die Zulassung der ETF in Deutschland, der Schweiz, aber auch in Grossbritannien und Israel, die um die Jahrtausendwende erfolgte. Den Anfang machte iShares mit dem Euro Stoxx 50 und dem FTSE 100. Anders als in den USA vereinen diese beiden Produkte in Europa nicht die grössten Vermögen. Diese Ehre gebührt dem iShares DAX, der ein Jahr später gelistet wurde und heute rund 18,6 Milliarden Dollar verwaltet. Im selben Jahr folgte der erste Sektor-ETF von SPDR. Ein Jahr nach dem US-Marktstart hielten die Obligationen-Produkte in Europa Einzug.
Zu dieser Zeit wurde auch der Gold Bullion Securities gelistet. Damit hatten Anleger erstmals die Möglichkeit, von der Entwicklung des Goldpreises zu profitieren. Das Produkt verbrieft das Recht auf einen Zehntel Unze Goldbarren, wobei das gekaufte Gold in einem Sammeldepot bei HSBC hinterlegt wird. Zwei Jahre später folgte der erste Schweizer Meilenstein, der Gold-ETF der Zürcher Kantonalbank. Das Produkt, das ebenfalls physisch mit Gold unterlegt ist, vereint heute mehr als 12 Milliarden Dollar und ist der zweitgrösste ETF Europas.
Der Gold-ETF war allerdings nicht das erste Schweizer Produkt. Bereits 1989 wurde vom damaligen Bankverein das erste passive Anlagevehikel emittiert. Im September 2000 folgten die ersten beiden ETF auf europäische Stoxx-Indizes. Sechs Monate später kam der Credit Suisse ETF auf den SMI auf den Markt. Der damalige XMTCH war das erste einheimische Produkt. Bis heute ist er der meistgehandelte ETF an der SIX Swiss Exchange. Mittlerweile wurde das CS ETF-Geschäft von BlackRock übernommen.
Angebot wächst
Anfänglich nur ein Nischenprodukt, haben ETF weltweite Erfolge erzielt. Zudem haben sich weitere Indexprodukte wie Exchange Traded Notes und Exchange Traded Commodities entwickelt. 2009 überschritten die weltweit in ETP investierten Vermögen die Billionen- Dollar-Marke. Zu Jahresbeginn 2013 waren es bereits über zwei Billionen Dollar. Dies entspricht knapp acht Prozent des gesamten Fondsmarkts, der sich laut Europäischem Fondsverband Efama total auf rund 27 Billionen Dollar beläuft.
Die ETP-Vermögen werden weiter wachsen, darin sind sich Experten einig. Wie erwähnt wird speziell dem Markt für Obligationen-Produkte eine rosige Zukunft vorhergesagt. BlackRock erwartet bei den verwalteten Vermögen von Anleihen-ETF einen Anstieg auf über 2000 Milliarden Dollar, aktuell sind es 341 Milliarden. Weiter zunehmen wird auch die Produktvielfalt. Nach dem letzten Meilenstein, den aktiven ETF, darf man gespannt darauf sein, mit welcher Innovation die Branche als nächstes aufwartet.