ETF im Portfoliokontext

Die Verbreitung von ETF nimmt kontinuierlich zu, doch wie werden die Produkte am besten in der Praxis eingesetzt. Thomas Merz von der UBS gibt Tipps.

Text: Barbara Kalhammer

ETF erfreuen sich generell einer wachsenden Beliebtheit. Welche Produkte speziell?

Grosse Nachfrage sehen wir bei sogenannten währungsgesicherten Core-Investments, also bei ETF auf die bekannten Aktien und Anleiheindizes, die mit einer Währungsabsicherung versehen sind. Mittlerweile offerieren wir ETF in allen Hartwährungskombinationen, abgesichert in Schweizer Franken, Euro, US-Dollar und Britischem Pfund.

Das Obligationen-Angebot ist noch gering.

In Europa ist allgemein zu beobachten, dass das ETF-Angebot für Anleiheindizes noch nicht gleich stark ausgebaut ist wie bei Aktien-ETF. Trotzdem sind Investoren in der Lage, mit unseren währungsgesicherten ETF die wichtigsten Anleihepositionen auch mit Währungsabsicherung umzusetzen. Sowohl Staatsanleihen als auch Unternehmensanleihen der wichtigsten Anlageregionen können Anleger währungsgesichert kaufen.

Werden Obligationen-Anlagen wichtiger?

Ja, das ist deutlich an den stark gestiegenen Neugeldzuflüssen im Bereich der Anleihe-ETF zu sehen. Während beispielsweise 2011 nur gerade 0,1 Prozent aller ETF-Neugelder in Anleihe-ETF flossen, sind es aktuell bereits weit über 40 Prozent. Dies hat mit dem wachsenden Verständnis zu tun, dass es auch bei Anleiheinvestitionen sehr schwierig geworden ist, risikoadjustiert den Referenzindex zu schlagen. Standen vor wenigen Jahren vor allem Direktanlagen im Vordergrund, sind heute Bond-ETF ein beliebtes Instrument, um kostengünstig Anleiherenditen ins Portfolio zu nehmen.

Was spricht für Bond-ETF?

Als wichtiger Vorteil gilt die Tatsache, dass die meist kostenintensive Wiederanlage wegfällt, da sie innerhalb des ETF so kostengünstig wie möglich abläuft. Durch das fortlaufende Rollen der einzelnen Anleihen innerhalb der ETF erhalten Anleger ein Instrument, das sich auch in Bezug auf die Restlaufzeit sehr stabil verhält. Damit erfüllen Bond-ETF eine Reihe von Anforderungen, die sonst mühsam zu erfüllen oder mit hohen Kosten verbunden sind.

Währungsabsicherungen sind aktuell teuer als auch schon.

Gemäss den Rückmeldungen, die ich von Investoren erhalte, hat die Entscheidung, ob sie einen ETF mit Währungsabsicherung oder einen ungesicherten ETF kaufen, nicht direkt mit den am Markt sichtbaren Zinsdifferenzen und dem möglichst ideal gewählten Absicherungszeitpunkt zu tun.

Sondern?

Die meisten Investoren folgen einer ganz anderen Logik: Beim Kauf eines ETF mit Währungsabsicherung wird das Schwankungsrisiko, das durch die Fremdwährungsrisiken entsteht, aus dem Portfolio genommen. Das so zurückgewonnene Risikobudget kann anschliessend möglichst gewinnbringend in Anlageklassen investiert werden, die erwiesenermassen eine Risikoprämie abwerfen. Die Überzeugung, dass sich durch Währungswetten eine Risikoprämie vereinnahmen lässt, ist heutzutage kaum noch haltbar.

Was gilt es bezüglich monatlicher oder täglicher Absicherung zu bedenken?

Beide Ansätze haben konzeptionell unterschiedliche Vorteile. Während die tägliche Absicherungsstrategie das Risiko eines sich ändernden Basiswertes auf die Tagesschwankung limitiert und dadurch hohe Transaktionskosten verursacht, punktet die monatliche Absicherung durch den reduzierten Umschichtungsaufwand, was sich letztlich in der -Rendite widerspiegelt. Zusammengefasst könnte man sagen, dass kürzere Absicherungsintervalle die Absicherungsgenauigkeit verbessern, jedoch müssen höhere Absicherungskosten in Kauf genommen werden.

Bislang dienen ETF vor allem für taktische Massnahmen, richtig?

Unsere Erfahrung zeigt, dass ETF auf ganz unterschiedliche Arten eingesetzt werden. Während taktische Positionierungen teilweise nur wenige Wochen bis Monate gehalten werden, erstreckt sich die Haltedauer bei strategisch gehaltenen ETF über mehrere Jahre. Auch hier hat sich das Anlageverhalten in den letzten Jahren deutlich zugunsten mehr strategischer ETF-Positionen verändert. Ich bin jedoch überzeugt, dass ETF auch in Zukunft eine wichtige taktische Funktion erfüllen werden, gerade weil sie bei schwierigen Marktphasen sehr flexibel eingesetzt werden können.

Was spricht für ETF als taktische Anlagen?

ETF sind während der Börsenzeiten jederzeit handelbar, was die Grundvoraussetzung für den taktischen Einsatz darstellt. Hinzu kommt, dass ETF als passive Anlage wenig Strategierisiko beinhalten.

Wie wichtig ist die Liquidität?

Die Liquidität des ETF am Börsenplatz ist dadurch sichergestellt, dass es für jeden ETF mindestens einen Market Maker gibt, der jederzeit an der Börse Kauf- und Verkaufspreise stellt. In der Regel jedoch sind für UBS-ETF gleich eine Vielzahl an Liquiditätslieferanten, so genannte APs, am Markt aktiv. Das führt dazu, dass sich die Geld-Brief-Spanne auf ein Minimum reduziert. Diese ETF-Liquidität ist jedoch nicht unabhängig von der Liquidität der einzelnen Indexkomponenten. Weiten sich die Geld-Brief-Spannen der einzelnen Titel im Indexkorb, so hat dies automatisch eine Auswirkung auf die Liquidität des Produktes.

Gibt es für den Spread eine maximale Grenze?

An der Schweizer Börse ist für jeden ETF eine Maximalspanne definiert, der sogenannte «legal spread». Dieser Wert gibt an, wie gross der Abstand zwischen Kauf- und Verkaufsofferte eines einzelnen Market Makers sein darf. Dies wird von der Börse überwacht, bei einer Überschreitung wird interveniert.

Der Spread ist also ein wichtiger Aspekt bei der ETF-Auswahl?

Ja, das ist er. Anleger sollten sich aber bewusst sein, dass er sich kontinuierlich ändert. Deshalb lohnt sich ein Vergleich zwischen verschiedenen ETF über einen längeren Zeitraum. Doch der Spread ist nicht die wichtigste Kennzahl – insbesondere, wenn die Position strategischer Natur ist und zwischen An- und Verkauf viel Zeit verstreicht.

Welches sind die wichtigsten Kennzahlen für einen Anleger in der Praxis?

Gemäss unserer Erfahrung ist es die Replikationsqualitätskennzahl, also die Renditedifferenz zum Referenzindex über den Beobachtungszeitraum. Sie zeigt, wie exakt der ETF den Referenzindex nachbilden kann. Meist wird jedoch ein verkürztes Verfahren angewandt, bei dem lediglich die Gesamtkostenquote der verschiedenen ETF verglichen wird. Dies greift jedoch in den meisten Fällen zu kurz. Zuletzt wird oft auch die Grösse als Kriterium herangezogen. Diese hat zwar auf die Qualität keinen Einfluss, doch es kann sein, dass Investoren Vorgaben zu erfüllen haben, nach denen sie nicht mehr als einen bestimmten Prozentsatz vom Fondsvermögen halten dürfen.

Tomas Merz ist bei UBS Asset Management verantwortlich für den ETF- Markt Europa
sentifi.com

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