Aktive Fonds mussten in den letzten Jahren massiv Prügel einstecken. Hohe Kosten, schlechte Performance, so die Kritik. Profitiert haben ETF und Indexfonds, die in den letzten Jahren hohe Zuflüsse verbuchen konnten. Doch was ist überhaupt der Unterschied zwischen den beiden?
Text: Rino BoriniDie Produktfabrik der Finanzindustrie, das Asset Management, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Vor allem nach der Finanzkrise haben aktive Anlagefonds an Beliebtheit eingebüsst. Die Zuflüsse in aktive Fonds dagegen sind von 2017 auf 2018 von rund zwei Billionen auf 937 Milliarden Dollar zurückgegangen, wie eine Studie des US-Analyseunternehmens Morningstar aufzeigt. Zu den Gewinnern gehören Indexvehikel: Sie konnten im vergangenen Jahr Zuflüsse von 695 Milliarden Dollar verbuchen.
Die aktive Branche wird aus zwei Gründen kritisiert: Die Fonds verursachen hohe Kosten und viele schaffen es nicht, ihren Vergleichsindex zu schlagen. Diverse Untersuchungen zeigen, dass nur etwa ein Viertel der aktiven Fonds ihre Benchmark übertreffen.
Asset Manager stehen daher unter grossem Druck. Um die sinkenden Margen zu kompensieren, müssen sie die Gebühren senken. Ob das reichen wird, um den Trend zu passiven Anlagen aufzuhalten, ist fraglich. Einfachheit, Transparenz und häufig eine nicht schlechtere Performance als aktive Fonds – das sind valide Gründe, um verstärkt auf ETF und Indexfonds zu setzen.
ETF oder Indexfonds: Ähnlichkeiten und Unterschiede
Lange Zeit dominierten bei Privatanlegern vor allem die ETF. Ursprung des passiven Anlegens war jedoch der Indexfonds, der von End-kunden heute jedoch selten gewählt wird. Den ersten Indexfonds für institutionelle Anleger entwickelte Wells Fargo 1971. Fünf Jahre später brachte Vanguard das erste Indexvehikel für Privatanleger auf den Markt, den Vanguard 500 Index Fund. In der Schweiz wurde der erste Indexfonds im Jahr 1989 durch den damaligen Bankverein emittiert. Noch heute ist das Produkt mit dem Namen UBS 100 Index-Fund auf dem Markt erhältlich.
ETF wie auch Indexfonds verfügen über zahlreiche Ähnlichkeiten. Beide Instrumente versuchen möglichst präzise einen Wertpapierindex abzubilden. Ein weiteres wichtiges Merkmal passiver Anlageprodukte sind die tiefen Kosten, die sich innerhalb der beiden Anlageformen nur geringfügig unterscheiden. Wie eine Studie des VZ Vermögenszentrums zeigt, befinden sich die Verwaltungsgebühren auf ähnlichem Niveau. Durch den stärkeren Wettbewerb sind die Gebühren in den letzten Jahren weiter unter Druck geraten, dieser Trend wird weiterhin anhalten. Nebst den vielen Gemeinsamkeiten gibt es jedoch einige frappante Unterschiede, die es zu beachten gilt:
- Börsenhandel: Wie es der Name bereits andeutet, können Exchange Traded Funds (ETF) jederzeit gekauft oder verkauft werden. Indexfonds dagegen sind nicht an einer Börse kotiert. Kauf und Verkauf erfolgt wie bei aktiven Anlagefonds einmal täglich über den Fondsanbieter beziehungsweise die Hausbank.
- Preisbewertung: ETF werden durchgehend während der Börsenzeiten gehandelt, als Kursbasis gilt der indikative Nettoinventarwert (iNav). Für die tägliche ETF-Liquidität sind Market Maker verantwortlich. Deren Gebühren werden direkt dem Fondsvermögen belastet. Indexfonds dagegen werden einmal täglich bewertet, dabei gilt der Nettoinventarwert, zu dem ein Anleger kauft oder verkauft. Indexfonds haben darum keine Market Makers.
- Stempelsteuer: ETF unterliegen der Stempelsteuer. Bei in der Schweiz domizilierten ETF sind es 0,075 Prozent, bei ausländischen sind es 0,15 Prozent. Bei Indexfonds hingegen fallen keine Stempelsteuern an.
- Transaktionskosten: Wer einen ETF über die Börse kauft, dem werden von der Hausbank Courtagen belastet. Bei Indexfonds wird eine Ausgabe- beziehungsweise eine Rückgabegebühr erhoben. Wie hoch sie ist, wird im Fonds-Factsheet ersichtlich
- Handelskosten: Bei ETF fallen implizite Kosten an, die Differenz zwischen dem Geld- und Briefkurs. Beim Indexfonds entfällt diese Spanne, dafür gibt es die erwähnte Ausgabe-/Rücknahmegebühr.
- Anlagezweck: Für taktische Massnahmen sind ETF besser geeignet, da sie jederzeit an der Börse gehandelt werden können. Zudem ist die Vielfalt in Bezug auf Anlagemärkte, Strategien und Anlageklassen bedeutend grösser. Viele Märkte und Anlageklassen werden von Indexfonds nicht abgebildet, von ETF dagegen schon. Indexfonds fokussieren eher auf Kernmärkte.
Regeln für die Praxis
Ob nun ETF oder Indexfonds die bessere Wahl sind, lässt sich nicht abschliessend beurteilen. Wie so oft gilt: Es kommt darauf an. Vor der Wahl eines entsprechenden Anlage-Instruments gilt es, die passende Anlagestrategie zu definieren. Diese ist abhängig von der persönlichen Risikotoleranz und der Lebenssituation, in der man sich gerade befindet. Erst bei der konkreten Umsetzung stellt sich die Frage, welche Produkte tatsächlich zum Zug kommen sollen.Ein zentraler Punkt dabei ist die Haltedauer. Dabei können sich Anleger an eine einfache Regel halten: Falls die tägliche Handelbarkeit der Anlagen gewährleistet sein muss, führt kein Weg an ETF vorbei. Wenn die tägliche Börsenliquidität kein Kriterium ist, kann sich ein Indexfonds anbieten. Klar ist: Im Vorherein ausschliessen lässt sich keiner der beiden.