Das Interesse an Gold-ETF hat wieder deutlich zugenommen. Unterstützt wird die Nachfrage von tiefen Zinsen und der Geldschwemme der Notenbanken. Wie Anleger davon profitieren können.
Gold gehört in jedes Portfolio, sagen Experten schon immer. Das gilt insbesondere nach den positiven Preisentwicklungen der letzten Monate. Auch Stephen Jones, CIO von Kames Capital, rät zum Kauf des Edelmetalls: «Zumindest ein bescheidener Teil Gold sollte sich in jedem Portfolio finden.» Aus dem einfachen Grund, weil Gold eine tiefe Korrelation zu Aktien aufweist und daher zur Diversifikation beiträgt. Zudem gilt es als sicherer Hafen in Extremsituationen. Dies zeigte sich auch zu Jahresbeginn, als die Nervosität an den Märkten aufgrund Unsicherheiten bezüglich der wahren Grösse von Chinas Wirtschaftswachstum gross war.
Die chinesische Konjunktur war jedoch längst nicht die einzige Ursache für den Preisanstieg von über 25 Prozent seit Jahresbeginn. Als weiterer wichtiger Grund gelten die geldpolitischen Massnahmen der Zentralbanken in Europa, Japan und China. Änderungen sind nicht in Sicht: Die europäische Zentralbank wird ihre Geldpolitik in der zweiten Jahreshälfte unverändert lassen, die Bank of Japan plant eine Lockerung.
Auch das Zinsumfeld spielt Gold in die Hände. Ein ehemaliger Nachteil – Gold wirft keine Zinsen ab – ist keiner mehr, da für die meisten anderen Anlagen dasselbe gilt. Stephen Jones sieht in der gestiegenen Wahrscheinlichkeit einer finanzierten Steuerexpansion einen weiteren Treiber. Diese könnte als Werkzeug eingesetzt werden, sollte eine Null- oder negative Verzinsung kombiniert mit dem Quantitative Easing nicht zu einer ausreichenden Steigerung des Wirtschaftswachstums führen. Als weiteren Treiber nennt Jones den Ansatz der US-Notenbank Fed, erst die Zinsen zu erhöhen und dann wieder zu senken. Dieses Vorgehen könnte den Wert des Dollars untergraben – und Gold entwickelt sich bekanntlich gut, wenn der Dollar zu Schwäche neigt.
In Kombination führen diese Unsicherheiten dazu, dass Gold seinem Ruf als Krisenwährung alle Ehre macht. Die guten Aussichten werden von Analysten bestätigt: Investec Asset Management erwartet bis Jahresende einen Preis von 1400 Dollar je Feinunze. Noch optimistischer zeigt sich die Liechtensteiner Vermögensverwaltung Incrementum. In der Studie «In Gold we Trust» schreibt sie, die Stunde der inflationssensitiven Anlagen habe geschlagen. Ihr Kursziel bis Juni 2018: 2300 Dollar.
Die Frage, die sich stellt: Wie können Anleger vom Goldtrend profitieren? Berücksichtigt werden muss vor allem eines: Gold ist eine besondere Anlage. Gesetzmässigkeiten aus anderen Anlagebereichen gelten in der Regel nicht. Unter anderem, weil das Edelmetall stark von Angebot und Nachfrage abhängig ist. Der Preisanstieg im ersten Halbjahr kam vor allem wegen einer verstärkten Nachfrage zustande: Rund 1000 Tonnen wurden von Investment-Seite nachgefragt. Der Löwenanteil investierte via Exchange Traded Funds, deren Bestände bereits jetzt bei über 2000 Tonnen liegen. ETF sind damit, zusammen mit Zentralbanken, die wichtigsten Eigentümer von Gold.
Sicherheit im Blick
Dass Investoren gerne zu ETF greifen, liegt daran, dass diese physisch mit Gold hinterlegt sind. Doch wie bei allen Produkten, die sich auf den Goldpreis beziehen, ist die Struktur der Schlüssel. «In der Schweiz beheimatete Gold-ETF halten typischerweise das Gold lokal in der Schweiz», erläutert Viktor Nossek, Leiter Research bei WisdomTree Europe. Sprich: Die Fonds halten Gold im Wert des gesamten investierten Vermögens in einem Tresor.
Die europäische Fondsrichtlinie dagegen verbietet Investition in einzelne Rohstoffe in Form einer Kollektivanlage. Damit auch europäische Anleger in Gold investieren können, wurden Exchange Traded Commodities (ETC) eingeführt. «Hier handelt es sich nicht um Fonds, sondern um Schuldverschreibungen, die mit physischen Goldpositionen besichert werden», ergänzt Nossek. Eine weitere Entwicklung sind die gehebelten ETC, die für taktische Massnahmen eingesetzt werden können. Für Nossek sind diese für Investoren geeignet, die gehebelte Produkte über einen sehr kurzen Zeitraum anwenden wollen. «Einer der wichtigsten Punkte beim Einsatz solcher Vehikel ist, dass Anleger sich der Auswirkungen der Volatilität auf ihre Rendite bewusst sein müssen.»
Die Möglichkeit der Auslieferung ist für viele Anleger ein wichtiges Kriterium, das von den meisten Schweizer ETF- und einigen ETC-Anbietern erfüllt wird. Wie meistens lohnt sich ein genauer Blick in den Prospekt: Eine Auslieferung ist zwar meist möglich, doch die damit verbundenen Kosten sind hoch: Anleger müssen eine Auszahlungsgebühr und eine Rücknahmekommission bezahlen.
Ebenfalls zu berücksichtigen, ist Folgendes: je geringer die Stückelung, desto höher der relative Preis. Eine 100-prozentige Sicherheit, dass man sein Gold in jedem Fall erhält, gibt es jedoch nicht. Bei den meisten Anbietern findet sich ein Zusatz, der die Lieferung verweigert, wenn sie von «währungspolitischen und sonstigen behördlichen Massnahmen» erschwert oder untersagt wird. In einer Systemkrise könnte also auch der vermeintlich sichere Goldanleger ohne Edelmetall im Tresor dastehen.
Mehr Schutz mit Barren und Münzen
Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, muss darum direkt physisches Gold kaufen. Hier stehen dem Anleger Barren oder Münzen mit einem Reinheitsgrad von 99,5 Prozent oder mehr zur Verfügung. Barren sind zwar bereits ab einem Gramm erhältlich, doch bei kleinen Mengen fällt für Herstellung und Logistik ein höheres Aufgeld an.
Mit zunehmender Menge sinkt es. Es ist daher sinnvoll, die Preise zu vergleichen und sich Gedanken über die Stückelung zu machen. Für Neuanleger ist zudem ratsam, sich an seriöse Händler zu wenden. Experimente mit unterschiedlichen Reinheitsgraden oder Gebrauchtware sollten nur Profis wagen.
Auch bei Münzen gilt es, die Spanne zwischen An- und Verkaufskurs zu berücksichtigen, wobei die Aufschläge mit der Nachfrage steigen. Dadurch entwickeln sich die Münzpreise nicht unbedingt im Gleichklang mit dem Goldpreis. Der Preisentwicklung am nächsten und am meisten verbreitet sind der südafrikanische Rand, die kanadische Maple Leaf sowie der österreichische Wiener Philharmoniker. Beim beliebten Schweizer Goldvreneli sieht es anders aus: Die Münze wird nicht mehr hergestellt, Anleger bezahlen darum oft einen Liebhaberbonus.
Physisches Gold bietet den Vorteil, dass der Anleger jederzeit darauf zugreifen kann. Der Nachteil: Für die Lagerung ist ein Tresor oder ein Schliessfach nötig – und die kosten. Im Gegensatz zu Finanzvehikeln bieten Münzen und Barren zudem keine Währungsabsicherung. Anleger sollten darum auf den Frankenpreis je Unze achten, nicht auf den Dollarpreis.
Volatile Aktien
Vom Anstieg des Goldpreises beflügelt, haben sich die Werte der schürfenden Minen deutlich verteuert. Da diese stark mit dem Goldpreis korrelieren, sind sie ebenfalls eine Möglichkeit, um von der Goldentwicklung zu profitieren. Der Haken: Diese Unternehmen haben in der Vergangenheit nicht durch positive Nachrichten geglänzt. Zudem sind sie oft schlecht geführt und leiden unter politischen Instabilitäten in ihren Domizilen. Dazu kommt, dass zahlreiche Unternehmen mit hohen Kosten zu kämpfen haben, da sie die Fördermengen parallel zum Preisanstieg erhöhten.
«Minenaktien tragen titelspezifische Risiken, aber viel davon kann mittels Diversifikation durch eine breite Auswahl von verschiedenen Werten reduziert werden», betont Stephen Jones von Kames. Er warnt dagegen vor den hohen Volatilitäten der Titel.
Ebenfalls nicht schaden könne ein Blick auf das Management der Unternehmen. Auch hier gibt es in Form von ETF auf Indizes mit Goldminenanbietern eine passive Variante. Etwa den Arca Gold Bugs, in dem sich Werte internationaler Produzenten finden. Grösstes Gewicht hat der US-Konzern Newmont Mining mit 16 Prozent, gefolgt vom kanadischen Barrick Gold.
Wie die Grafik zeigt, haben die Minenwerte bereits einen starken Anstieg verzeichnet. Analysten raten zur Vorsicht und warnen vor Kurskorrekturen. Doch langfristig wird ein anhaltend hoher Goldpreis auch die Aktien weiter unterstützen.
Ganz abgesehen von den Ereignissen der letzten Monate, gibt es eine Regel, die immer gilt: Gold eignet sich nicht für Spekulation, sondern sollte langfristig ins Portfolio eingebaut werden. Immer im Auge zu behalten gilt es die Entwicklung der Zinsen. «Jede Bewegung, die in Richtung höhere Zinsen geht, wird die Aussichten für Gold untergraben», warnt Jones. Da dies kurz- bis mittelfristig nicht passieren wird, bleibt Gold weiterhin interessant.