Die Zinsen sind so niedrig wie nie. Sowohl bei Anleihe- als auch bei Aktien-Investments lassen sich geeignete Instrumente für dieses Umfeld finden.
Text: Raimund Müller, Leiter UBS ETF Schweiz, UBS AGLange Zeit spielte professionellen Investoren bei Anleihen vor allem ein Prinzip in die Karten: Sinken die Zinsen, steigen die Kurse. Die Portfolios liefen quasi von allein. Inzwischen scheint der Spielraum für weitere Kursgewinne nach diesem Muster allerdings begrenzt: Die durchschnittliche Rendite im Staatsanleihen-Barometer Barclays Global Treasury Index liegt bei lediglich 0,63 Prozent, die von zehnjährigen deutschen Bundesanleihen und Schweizer Anleihen sogar im negativen. An dem Trend dürfte sich angesichts der lockeren Politik der Notenbanken so schnell nichts ändern.
Wie können Anleger auf dieses Dilemma reagieren? Prinzipiell gibt es zwei Optionen: Sie können am Anleihemarkt nach höher verzinslichen Alternativen Ausschau halten. Weiterhin können sie ihr Engagement am Aktienmarkt verstärken.
Staatsanleihen aus Schwellenländern sind attraktiv
Bei Anleihe-Investments nehmen viele Investoren daher verstärkt Sub-Investment-Grade Unternehmensanleihen (High Yield Bonds) und Staatsanleihen aus Schwellenländern in den Fokus. Sie bieten nach wie vor Renditen, die im Bereich ihrer historischen Mittelwerte (Median) zwischen vier bis sechs Prozent liegen. Bei paneuropäischen Hochzinsanleihen liegt die Rendite immerhin bei rund 4 Prozent. Und auf Hartwährung lautende Staatsanleihen von Schwellenländern weisen im Mittel eine Rendite von 4,7 Prozent auf.
Derzeit erscheinen Schwellenländer-Anleihen allerdings attraktiver, denn sie weisen eine bessere Bonität auf. Mehr als die Hälfte der Emerging-Markets-Staatsanleihen (52 Prozent) verfügt über ein Investment-Grade-Rating. Mithilfe von ETFs können Anleger kostengünstig in Schwellenländeranleihen investieren. ETF ist aber nicht gleich ETF. In Indizes, die nach Marktkapitalisierung gewichtet sind, haben Emittenten, die mehr Anleihen begeben, ein höheres Gewicht. Als Resultat konzentriert sich das Gesamtrisiko auf eine Handvoll hoch verschuldeter Länder. Eine kluge Auswahl des richtigen Index kann helfen, die Abhängigkeit von einzelnen Emittenten auf einfache Weise zu begrenzen und damit die Diversifikation des Portfolios zu verbessern. Ein Beispiel für einen solchen Index ist der Barclays EM USD Sovereign and Quasi-Sovereign 3% Capped Index. In diesem Index werden einzelne Emittenten in diesem Index nur bis zu 3 Prozent – dem Cap – gewichtet.
Faktor-Investing kann das Risiko-Rendite-Profil des Aktien-Portfolios verbessern
Auf eine kluge Auswahl kommt es auch im Aktien-Portfolio an. Eine besonders interessante Möglichkeit sind Faktor-ETFs. Mit diesen können Investoren gezielt auf wissenschaftlich belegte Risikofaktoren setzen. Weil Anleger mit Renditeaufschlägen dafür entschädigt werden, dass sie sich diesen Risikofaktoren aussetzen, fungieren die Faktoren zugleich als Renditequellen. Bekannte Faktoren sind etwa Value (besonders günstig bewertete Aktien) Quality (Aktien von Unternehmen mit hoher Bilanzqualität) oder Total Shareholder Return (besonders hohe Ausschüttungen in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen).
Die Wirksamkeit dieser und anderer Faktoren ist wissenschaftlich erwiesen. Ein Blick auf die historische Entwicklung des Aktienmarktes der Eurozone zeigt: Seit dem Jahr 2000 haben alle wichtigen Faktoren den breiten Aktienmarkt übertroffen. Faktorrenditen und Korrelationen können allerdings zwischen den Renditen unterschiedlicher Faktorstrategien im Zeitablauf dynamisch schwanken. Dies eröffnet Anlegern zugleich Möglichkeiten zur Verfeinerung ihrer Strategie. Denkbar sind etwa Kombinationen verschiedener Faktorstrategien mit eher defensiven Charakteristika, aber auch offensiv ausgerichtete Portfolios. Die Kombinationsmöglichkeiten dienen dazu, das Profil des Aktien-Portfolios so genau wie möglich an die Bedürfnisse jedes Anlegers anzupassen. Denn das ist gerade vor dem anspruchsvollen Hintergrund des «Lower for Longer»-Umfelds wichtiger denn je.
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