Der unabhängige Vermögensverwalter Christoph Offenhäuser blickt auf eine Welt nach Covid-19.
Als offene Volkswirtschaft hat unser Land nach der Krise stark unter dem Einbruch des globalen Handels gelitten. Die bremsenden Faktoren der Vor-Corona Ära – Handelsdispute, protektionistische Tendenzen – wirken nach. Die internationale Zusammenarbeit ist aber unter der neuen US-Administration merklich besser geworden. Die Binnenwirtschaft hat sich mittlerweile auf auf tiefem Niveau stabilisiert.
Insgesamt liegt das Bruttosozialprodukt immer noch fünf Prozent unter dem Niveau von 2019. Die Kurzarbeit, die als temporäre Stützungsmassnahme gedacht war, ist für viele zur Langzeitarbeitslosigkeit geworden. Die Arbeitslosenquote zeigt sich nun erstmals wieder rückläufig und fällt auf 7,1 Prozent. Viele Geschäftsmodelle haben die Krise nicht überlebt, der Tourismus aber hält sich besser als erwartet. Die ausbleibenden Überseegäste werden durch Inländer kompensiert, die ihrerseits weniger ins Ausland reisen.
Die Schweiz hat sich dank ihrer zu Beginn der Krise soliden Staatsfinanzen vergleichsweise gut gehalten. Nun gelingt es Bund und Kantonen jedoch kaum noch, die hohen Schuldenberge abzutragen. Im Gegenteil: Das Platzen der Immobilienblase hat dazu geführt, dass mehrere Kantone ihre Kantonalbanken mit Milliardenbeträgen retten mussten.
In Europa steht weiterhin Italien, das seine Schulden innert drei Jahren zum zweiten Mal restrukturiert, im Mittelpunkt. Der Schock für das Finanzsystem hält sich in Grenzen, da die italienischen Staatsanleihen hauptsächlich von der EZB gehalten werden. Im Spätsommer stimmt das Land in einem Referendum über den Verbleib im Euroraum ab. Der Euro erholt sich gegenüber dem Franken auf 0,95. Er fiel zeitweise bis auf 0,70, nachdem die SNB bei einer Bilanzsumme von 2,3 Billionen Franken auf weitere Interventionen am Devisenmarkt verzichtete.
Das Verhältnis zwischen der Schweiz und Europa ist besser geworden. Nachdem die Zuwanderung aus der EU praktisch zum Erliegen kam, verlor das Volk das Interesse an der Personenfreizügigkeit. Das Rahmenabkommen konnte endlich abgeschlossen werden. Generell dominiert im Land der Wunsch, Probleme anzupacken und Lösungen für die Zukunft zu finden. Politisch steht in diesem Jahr eine erneute Teilrevision der Altersvorsorge auf dem Programm. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass Pensionskassen die laufenden Renten kürzen dürfen. Nach den grossen Verlusten bei den Vorsorgewerken im Zuge der Corona-Finanzkrise und der Flexibilisierung des Rentenalters auf 67 Jahre ist die Schmerzgrenze der Generation X und der Millennials überschritten. Solidarität wird jetzt generationenübergreifend eingefordert.
Ostern, 7. April 2023: Das Wochenende ist sonnig, die Temperaturen sind zu warm für die Jahreszeit. Der Klimawandel schreitet unaufhaltsam voran. Die Aufregung darüber hält sich in Grenzen. Die Menschen sorgen sich um ihre Zukunft und trösten sich damit, dass die CO2 Emissionen 20 Prozent tiefer liegen als vor der Corona Krise.
März 2020 – Lockdown-Modus
Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen. Parallel zur Bewältigung der Corona-Pandemie droht eine Wirtschaftskrise, deren Ausmass sich erst schemenhaft abzeichnet. Unser Land ist finanziell gerüstet, um das Katastrophenjahr 2020 mit zwei blauen Augen zu überstehen. Die geringe Verschuldung des Bundes lässt im Notfall ein mächtiges Konjunkturprogramm zu. Die Berufsoptimisten der Konjunkturforschungsstelle der ETH rechnen in ihrem Worst-Case-Szenario für das Gesamtjahr mit einem BIP-Rückgang von 2,3 Prozent, aber bereits 2021 soll das BIP wieder mit 1,2 Prozent wachsen.
Vertrauen wir für einmal den Prognosen und erinnern uns daran: Die dunkelste Stunde ist die Stunde vor dem Sonnenaufgang – es ist Zeit für Optimismus. China ist auf dem Weg zurück in die Normalität, Europa wird in ein paar Wochen folgen. Bis dann heisst es: Disziplin wahren – danach: Ärmel hochkrempeln und die Aufholjagd starten.
Christoph Offenhäuser ist Partner und Mitgründer von Weissenstein & Partner, einem unabhängigen Vermögensverwalter in Zürich.