In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen, in denen der Handel in ETF mangelnde Liquidität aufwies. Was Anleger bezüglich ETF und deren Liquidität wissen müssen.
Text: Barbara KalhammerETF werben mit jederzeit verfügbarer Liquidität. Ist das wirklich der Fall?
Grundsätzlich ergibt sich die Liquidität eines ETF aus mehreren Faktoren. In erster Linie ist der Index entscheidend. Je liquider die Werte im Index, desto liquider ist auch der ETF. Eine wichtige Rolle nehmen ausserdem die Market Maker ein.
Was ist deren Funktion?
Die Börse ist ein grosser Markt mit vielen Händlern. Wenn ein Händler verkauft, dann gibt es einen anderen, der die ‹Ware› übernimmt, auch wenn er sie vielleicht nicht sofort weiterverkaufen kann. Für den Anleger zeigt sich die Liquidität im Spread, also der Geld-Brief-Spanne.
Bei illiquideren Märkten ist der Spread also breiter?
Ja. Je kleiner der Wille zu verkaufen und zu kaufen ist, umso grösser wird der Spread. Je grösser der ETF ist, also je beliebter, umso kleiner ist der Spread. Ebenfalls mehr bezahlen muss der Anleger, wenn er mehr han¬deln will, als zur Verfügung steht. Es müssen neue ETF-Shares kreiert werden, was Ausga¬benkosten verursacht. Aber prinzipiell kann wirklich immer gehandelt werden.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen, in denen der Handel in ETF mangelnde Liquidität aufwies. Wie kam es dazu?
Solche Phasen gab es beispielsweise während der Finanzkrise. In Krisen will jeder verkaufen und als Konsequenz fallen die Preise stark. Es finden sich keine Käufer mehr und der Markt wird illiquide. Bei einer kurzfristigen Verkaufswelle wie beispielsweise 2013, als Fed-Chef Ben Bernanke das Tapering-Ende ankündigte, gab es keine Engpässe.
Was bedeutet das für ETF-Anleger?
Während der Finanzkrise war es schwieriger, grosse Positionen zu handeln. Verkaufen kann man zwar immer, aber halt nur zu sehr schlechten Preisen. Privatanleger, die nur kleine Beträge handeln, sind davon weniger betroffen. Jene, die ihre Positionen behalten, natürlich gar nicht.
Kann das vermieden werden?
Nein, die Marktkräfte bestimmen den Preis. Wenn ausreichend Angebot und Nachfrage vorhanden sind, bleiben die Spreads eng. Wichtig sind immer die unterliegenden Vermögenswerte, das ist bei ETF genauso wie bei Fonds. Eine Aussetzung des Handels gibt es in der Regel nicht. Eine solche müsste in ganz extremen Situationen vom Direktorium beschlossen werden. Bislang war das aber nicht der Fall. Möglich wäre dies allerdings nur zum Schutz der Investoren.
Führt die Vielzahl der Produkte nicht zu einer Verwässerung der Liquidität?
Nein, denn ETF werden nur für Märkte lanciert, die vernünftig gehandelt werden können. Einige Märkte machen diesbezüglich eine Entwicklung durch, beispielsweise Schwellenländer-Anleihen. Regierungen und Unternehmen haben mehr Bonds emittiert, mehr Marktteilnehmer haben sich für den Bereich interessiert und so wurde der ETF möglich.
Sind synthetische ETF seltener von Liquiditätsengpässen betroffen?
Eigentlich nicht, weil die Investmentbanken, die in der Regel synthetische ETF lancieren, die Positionen absichern müssen. Da sie aber ein grosses Exposure haben, sind sie in der Lage, Liquiditätsengpässe etwas besser abzufedern. Wenn die Märkte allerdings stark einbrechen, geht auch dieser Spielraum verloren.
Rochus Appert, Head of Intermediary Business bei State Street Global Advisor