«Mit sieben habe ich meine erste Aktie gekauft»

Bei einem virtuellen Trading-Wettbewerb mit 2,7 Millionen Teilnehmern hat Richard Schäli den ersten Platz belegt. Mittlerweile handelt er fleissig Aktien und verwaltet einen Fonds für Freunde und Bekannte. Was Schäli von anderen erfolgreichen Tradern unterscheidet: Er ist 13 Jahre alt.

Text: Pascal Hügli
Richard Schäli

Die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu haben, ist fast so wichtig wie die korrekte Analyse einer Aktie.» Was ein renommierter Verhaltensforscher sagen könnte, ist eine der Erkenntnisse von Aktienhändler Richard Schäli. Der 13-Jährige ist CEO des Richifinancial Trading Fund, wie er seinen privaten Fonds nennt.

Als Richard seine erste Aktie kaufte, war er gerade mal sieben Jahre alt. «Mein Vater zeigte mir eine Liste des SMI und wir haben Aktien der Zürcher Versicherung gekauft.» In nur einem Jahr legte der Titel 20 Prozent zu und Richard merkte, dass der Aktienmarkt durchaus spannend sein kann.

Wer heute mit Richard Schäli über die Finanzwelt redet, merkt schnell, dass er es mit einem höchst sachkundigen Trader und Analysten zu tun hat. Er spricht über Penny Stocks, StopLoss-Order, SEC Filings oder Leverage wie andere in seinem Alter über Pokémon-Figuren. Sein Wissen über die Finanzmärkte hat er vorwiegend aus Büchern, die er nach dem ersten Aktienkauf bekommen hat. Eben erst mit der zweiten Klasse begonnen, war das Lesen für ihn damals noch eine Herausforderung.

Doch nach und nach verschlang Richard immer mehr Bücher über den Aktienhandel. Einer seiner Favoriten ist «The Long-Term DayTrader» von Michael Sincere. Der Sachbuchautor und Trader ist heute übrigens einer von Richard Schälis Mentoren. Aber nicht der einzige: «Immer wieder treffe ich verschiedene Fachleute aus der Finanzindustrie aus den Bereichen Aktien, Anleihen, Derivate, Optionen oder Blockchain», fügt der junge Aktienhändler an.

Das Lesen nimmt im Leben des 13-Jährigen einen hohen Stellenwert ein, aber noch weiter bringen einen eigene Erfahrungen, ist er überzeugt. Diese Erfahrung ist es auch, die er an seinen Mentoren bewundert. Sie hätten oft ein spezielles Gespür für die aktuelle Marktlage und wüssten stets, wie sie zu bewerten sei. Zu seinen Erkenntnissen aus seinem noch jungen Leben als Trader gehört auch, immer ein offenes Ohr zu haben.

«Nur weil jemand mit seiner Strategie 80 Prozent im Minus ist, heisst nicht, dass diese Person nichts zu sagen hat», sagt Richard und untermauert damit seinen Wissensdurst. Zumal sich die Dinge ja sowieso stets verändern. Neue Entwicklungen seien häufig volatil, wie man gegenwärtig am Phänomen Bitcoin beobachten könne. Kryptowährungen und damit die Technologie der Blockchain deswegen abzuschreiben, hält er für einen Fehler. «Irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass man sich als Investor spätestens jetzt diesem Sektor zuwenden sollte.»

Kryptowährungen und die Blockchain ist eines der wenigen Themen, bei dem er mit seinem Vorbild Warren Buffet uneins ist. Anders als der grösste Stockpicker aller Zeiten ist Richard überzeugt, dass die Blockchain die Finanzwelt fundamental verändern wird. Dass sich Buffet mit diesem Gedanken schwer tut, verwundert den jungen Trader nicht weiter. «Die Zeiten ändern sich und jede Epoche bringt neue Überflieger», sagt er und verweist auch auf die Tatsache, dass die Strategie von Warren Buffet den S&P 500 seit über fünf Jahren nicht mehr geschlagen hat.

Auf die Frage, ob er eine Investorenkarriere im Stile Buffets antreten wird, antwortet Richard überraschend: «Mir geht es darum, immer Neues zu lernen – und einmalig zu sein.» Für seinen Aktienfonds gilt das bereits: Richard dürfte der jüngste Portfoliomanager überhaupt sein. Jung, aber bereits sehr erfolgreich: «Abzüglich aller externen Mittelzuflüsse liegt meine Performance nach fünf Jahren bei mehreren 100 Prozent».

Seine Kursgewinne verdient Richard hauptsächlich mit Day Trading sowie dem Handel von Small und Mid Caps. So handelt er beispielsweise Bio Stocks: Firmen, die neue Medikamente entwickeln und auf den Markt bringen. Der Markteintritt wird jedoch nur Tatsache, wenn die Unternehmen gewisse Tests bestehen. Richard weiss sich zu helfen: «Um jeweils rechtzeitig einzusteigen, verfolge ich diese Ankündigungen über eine themenspezifische Webseite. Bislang funktioniert das recht gut.»

Gewisse Aktien hält er auch länger, über mehrere Monate. Risiko und Gier versucht der Gymnasiast aus Zug so rational wie möglich zu managen. «Ich setze mir klare Grenzen, also StopLosses, jeweils am Morgen, wenn ich noch klar im Kopf bin.» Zudem vergleicht er sein Portfolio regelmässig mit den Realwerten aus dem S&P 500, seiner Benchmark: «Wenn ich drei Prozent Gewinn gemacht habe und der US-Aktienmarkt nur 0,5 Prozent, dann kann mir ein mögliches Zusatzprozent egal sein.»

Wie reagieren seine Freunde auf sein aussergewöhnliches Hobby? «Gegenüber meinen Schulkollegen versuche ich aus Selbstschutz möglichst wenig preiszugeben.» Da er neben dem Eigenhandel mit Aktien auch noch fechte und Golf spiele, hätten ihn einige schon mit einem 40-Jährigen verglichen. Doch das stört ihn wenig. Der Vorwurf, er verpasse seine Kindheit, treffe nicht zu: «Seine Kindheit verpasst man erst, wenn man Dinge tut, die man nicht gerne tut.»

Richard verbringt auch Zeit im Freien, mit Freunden. Doch heute würden viele Kollegen kaum mehr nach draussen gehen, ihre Freizeit verbringen sie vor der Spielkonsole. «Dann widme ich mich lieber dem Aktienhandel, der ist ja auch ein Spiel», sagt Richard. Und fügt, ganz Profi, an: «Ein sehr riskantes, wenn man nicht diversifiziert unterwegs ist»


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