«Nicht jeder kann indexieren»

Beat Hügli, Leiter Marktbearbeitung bei Avadis erklärt die Strategie der Vermögensverwaltung und welche Vorteile passive Produkte bieten.

Text: Barbara Kalhammer

Avadis hat sich als Pensionskassendienstleister einen Namen gemacht, bietet aber auch private Vorsorge an. Gibt es Synergien?

Die private Lösung ist ein Erbe aus dem Pensionskassenumfeld der ABB Schweiz. Seit 2009 wird das Produkt von Avadis verwaltet und ist für Private zugänglich. Wir bieten Dachfonds an. Die Zielfonds der verschiedenen Strategieprodukte sind die gleichen wie jene der Pensionskassen. Avadis ist eine Einkaufsgemeinschaft für Pensionskassen, und davon profitieren auch die privaten Fonds, also die Privatanleger. Insgesamt verwalten wir etwa zehn Milliarden Franken.

Welche Strategiefonds bieten Sie genau an?

Es gibt eine Geldmarkt- und sechs Aktien-Obligationen-Strategien, wobei die Abstufung von 100 Prozent Aktien bis 100 Prozent Obligationen in 20er-Schritten erfolgt.

Nach welchen Kriterien wählt der Anleger die passende Lösung?

Der Anleger muss seine Risikofähigkeit und -willigkeit analysieren. Danach wählt er die passende Strategie. Diese kann kostenlos monatlich geändert werden. Der Anleger kann auch mehrere Strategien gleichzeitig wählen und sein Portfolio selbst zusammensetzen. Der Prozess ist aber Execution only.

Sie bieten somit keine Beratung an?

Doch. Unsere Beratung zielt vor allem auf Aufklärung und Information über die gesamten Wertschriftenanlagen ab. Empfehlungen, wie sie bei den Banken üblich sind, bieten wir aber keine an. Wir führen kein Portfolio für die Anleger. Er wählt einfach ein fertiges Produkt.

Im Renditevergleich schneiden Sie mit Ihren Lösungen in der Regel sehr gut ab. Ist das der Vorteil der langjährigen Erfahrung?

Auch, aber dafür gibt es mehrere Gründe. So basieren unsere Produkte auf einem regelbasierten Rebalancing. Die Gewichtungen sind nicht aktiv oder taktisch, stattdessen werden die Zielfonds jeden Monat auf ihren Strategiewert zurückgesetzt. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Weg am effizientesten ist und wir damit Kosten sparen. Zudem bieten wir sehr günstige Lösungen an, wodurch unter dem Strich einfach mehr übrig bleibt.

Erreichen Sie dies durch passive Produkte?

Ja, mit wenigen Ausnahmen setzen wir indexierte Produkte ein. In effizienten Märkten haben sich indexierte Produkte unter dem Strich bewährt. Darüber hinaus ist unser Rebalancing kosteneffizient und hat den Vorteil, dass wir antizyklisch agieren: Wir verkaufen Anteile von Zielfonds, die aufgrund ihrer höheren Bewertung an Gewicht zugelegt haben, und umgekehrt.

Warum verwenden Sie nur Indexfonds?

Einerseits weil Indexfonds genauso günstig wie ETF sind und andererseits weil im Pensionskassenumfeld institutionelle Fonds eingesetzt werden können und wir nicht auf ETF zurückgreifen müssen. Darüber hinaus sind wir auch nicht auf Vorteile wie die ständige Handelbarkeit von ETF und ihre hohe Liquidität angewiesen.

Benötigen Sie nicht ETF, um bestimmte Märkte abzudecken?

Nein, da wir keine Themeninvestitionen vornehmen und unsere Strategien sehr einfach und stabil gehalten sind. Wir spielen auch keine speziellen Trends. Nur selten werden aufgrund von längerfristigen Trends Änderungen vorgenommen. Ein Beispiel dafür ist Emerging Markets Debt. Dadurch kann das Bondportfolio breiter diversifiziert werden. Das ist ein strategischer Entscheid, der dann über viele Jahre unverändert bleibt.

Sie sind aber nicht prinzipiell gegen ETF?

Nein, ETF sind ein sehr günstiges und liquides Instrument. Da wir aber institutionelle Fonds über unsere Einkaufsplattform nutzen können, haben wir nicht noch zusätzliche Depotgebühren, wie sie bei ETF anfielen.

Sie setzen zwar vor allem auf passive Produkte, verzichten aber nicht gänzlich auf aktive Fonds.

Exakt, wir haben aber nur ganz wenige aktive Produkte. Ein Beispiel dafür ist das erwähnte Emerging Markets Debt. Grund dafür ist, dass die Anleihenmärkte in den Schwellenländern noch relativ ineffizient sind und wir glauben, dass hier noch die Chance auf eine Überrendite besteht. Zum Teil ist auch eine indexierte Umsetzung aus Liquiditätsgründen nicht machbar. Es kommt uns nur auf die Effizienz der Märkte an. Uns käme nie in den Sinn, Aktien Schweiz aktiv zu managen.

Wie erfolgt genau die Festlegung der Strategie?

Wir legen grossen Wert darauf, dass die entscheidenden Gremien nicht jene sind, die danach die Umsetzung vornehmen. Für uns ist die Einhaltung der Governance sehr wichtig. Und wir fahren mit dem privaten Produkt natürlich im Windschatten der institutionellen Anlegerplattform.

Die tiefen Kosten bauen somit auf drei Ebenen auf: Einsatz von Indexfonds, Rückenwind von der Pensionskassenplattform und die geringe Zahl an Experten.

Absolut. Und die Experten können wir eben einsparen, weil wir der Meinung sind, dass die Strategie den grössten Teil ausmacht und nicht die Taktik. Das ist sicherlich auch für die privaten Anleger ein Vorteil, weil sie ein einfaches und verständliches Produkt haben. Und sie wissen, warum die Fonds funktionieren und verlassen sich nicht auf eine Kristallkugel oder die Sonne-Mond-Konstellation.

Wie erfolgt die Auswahl?

Die Investmentgesellschaft Sicav hat einen Verwaltungsrat, der die jeweiligen Strategien bestimmt. Im Anschluss wählt ein Anlageausschuss der Avadis die entsprechenden Zielfonds aus. Sofern es möglich ist, werden die gleichen institutionellen Fonds gewählt, die wir über die Pensionskasse anbieten.

Anhand welcher Kriterien werden die Zielfonds ausgewählt?

Die Kosten sind natürlich ein sehr grosser Faktor. Zudem wollen wir Produkte einsetzen, bei denen wir überzeugt sind, dass der Vermögensverwalter weiss, was er tut. Nicht jeder, der indexierte Produkte anbietet, kann auch indexieren.

Wenn ein Vermögensverwalter das nicht schafft, ziehen Sie die Reissleine?

Ja, es kann Wechsel geben. Natürlich zielen wir auf eine langjährige Beziehung ab. Wenn man aber merkt, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden, also beispielsweise der Tracking Error zu hoch ist, dann werden die Produkte ausgewechselt.

Ist Währungsabsicherung bei Ihren Investitionen ein Thema?

Ja, wir machen seit vielen Jahren eine Währungsabsicherung. Bei Obligationen-Zielfonds sind 95 Prozent entweder in Franken denominiert oder in Franken abgesichert. Bei Aktien sind 55 Prozent abgesichert.

Sie bieten Ihren Anlegern eine hohe Flexibilität. Wie sieht diese im Detail aus?

Wir haben keine Einzahlungslimite, die Strategie kann monatlich gewechselt werden, man kann Auszahlungspläne machen und die Mindesteinlage beträgt nur 50 Franken. Damit kann der Anleger sehr flexibel agieren.

Aufgrund der geringen Summen könnte Ihre Vorsorgelösung eigentlich auch als Sparprodukt verwendet werden.

Durchaus. Wir kommen aus der Vorsorgewelt und sind der Ansicht, dass das Wertschriftensparen langfristig ist. Grundsätzlich kann aber jeder, der in Wertpapiere investieren möchte, bei uns anlegen.

 

Beat Hügli ist Leiter Marktbearbeitung bei Avadis. Zudem ist er Dozent an der Fachschule für Personalvorsorge.


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