Rien ne va plus – ohne Service

ETF stehen im Ruf, besonders transparente Anlageprodukte zu sein. Das stimmt insofern, als die 
Anbieter eine Vielzahl an Daten veröffentlichen. Woran es jedoch häufig hapert sind Übersichtlichkeit und Aktualität.

Text: Barbara Kalhammer

Die Abkürzung ETF, Exchange Traded Funds, wird häufig mit den Attributen Einfach, Transparent und Flexibel gleichgesetzt. Damit werden die wichtigsten Vorteile der Produkte auf den Punkt gebracht. Doch wie gross ist die Transparenz wirklich? Finden sich alle wichtigen Informationen wie Kosten, Dividenden, Factsheets und aktuelle Index-Zusammensetzungen auf den Webseiten der Anbieter? Dieser Frage ist 10×10 nachgegangen, indem die Webseiten der Anbieter genauer unter die Lupe genommen wurden.

Im Zentrum des Vergleichs standen Produkte auf den MSCI World. Dies aus dem einfachen Grund, da fast sämtliche grossen Emittenten ein Produkt auf den Weltindex im Angebot haben. Das gilt für die Anbieter iShares, UBS, Amundi, ComStage, Lyxor Asset Management, Source und Deutsche Asset & Wealth Management (DAWM). Bei State Street wurde der MSCI World Small Cap untersucht, da der MSCI World nicht in der Palette ist.

Zuerst wird die auf den Webseiten integrierte Suchfunktion getestet. Mit erfreulichem Resultat: Der Grossteil der Anbieter zeigt nicht nur das gesuchte Produkt an, sondern alle Varianten wie beispielsweise Sektorenindizes des MSCI World, verschiedene Tranchen oder ETF mit Währungsabsicherung. Wenig intelligent ist die Suchfunktion von Lyxor. Bei der genauen Eingabe «MSCI World» wird nichts gefunden. Durch die Suche nach MSCI erscheint der gesuchte ETF in der Vorschau. Ebenso fündig wird man durch die Eingabe der ISIN. Dass Kunden die Produkte über die Suchfunktion nicht sofort finden, ist nicht im Interesse des Anbieters.

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Zwei Monate alte Factsheets

Der weitere Weg führt dann zumeist zum Factsheet, das eine einfache Möglichkeit bietet, um die verschiedenen ETF zu vergleichen. In diesem Dokument sind die wichtigsten Fakten wie die Kosten und Zusammensetzungen aufgeführt. Dabei ist eine hohe Aktualität entscheidend – doch genau hier können die Anbieter nicht punkten. Kein einziger ETF-Anbieter ist in der Lage, den Investoren tagesaktuelle Factsheets zu liefern. Dieses Phänomen gibt es übrigens auch bei aktiven Fondshäusern. In Anbetracht der technologischen Möglichkeiten überrascht die lasche Vorgehensweise.

Doch damit nicht genug: Ausser bei der Deutschen Bank und Lyxor datierten die Factsheets mit Ende Januar – der Vergleich wurde 6 Wochen nach Januar-Monatsabschluss durchgeführt.

Eine zentrale Grösse für ETF-Anleger ist der Nettoinventarwert (NAV). Um einen ETF über längere Frist genauer analysieren und Vergleiche mit anderen Produkten oder Indizes ziehen zu können, sind die historischen Daten relevant. Sämtliche getesteten Anbieter bieten historische Zeitreihen an, auch zum Herunterladen. Den besten Service gibt es bei iShares: Mit nur einem Klick werden alle wichtigen Informationen in einem Excel zusammengefasst.

Neben den NAV-Daten stehen auch spezifische Produktfakten, etwa das Fondsvermögen und die Zusammensetzung, tagesaktuell zur Verfügung. Auch die Deutsche Bank bietet einen hervorragenden, auf die Bedürfnisse des Anlegers zugeschnittenen Downloadbereich an. Unauffindbar sind diese Informationen dagegen bei Lyxor. Deren Kunden fehlt somit ein wichtiger Puzzlestein der Kostenevaluation, da der NAV sämtliche bei der Replikation anfallenden Kosten berücksichtigt. Ein reiner Kostenvergleich anhand der Gesamtkostenquote (TER) greift bekanntlich zu kurz.

Findige Wortkreationen

Um das Gegenparteirisiko zu vermeiden, legen viele Anleger Wert auf eine physische Nachbildung. Die Replikationsart ist zwar bei allen Anbietern sofort ersichtlich, wird teils jedoch durch «erfinderische» Wortkreationen verschleiert. Bei ComStage beispielsweise ist von einem «Wertpapierportfolio mit Swap» die Rede, Lyxor spricht von «Indirekt (Swapbasiert)» und Source von «Physical with swap overlay». Solche Bezeichnungen führen in die Irre und sind letztlich nur eine andere Formulierung für eine synthetische Replikation. Hier wäre mehr Transparenz wünschenswert. Wichtig zudem, dass Informationen zum Substitute Basket verfügbar sind. Bei Amundi lässt sich die Zusammensetzung vom 10.02.2015 herunterladen. Aktueller ist Lyxor, das täglich ein Update durchführt.

Bei State Street und iShares findet sich bei der physischen Replikation der Zusatz «optimiert» beziehungsweise «Sampling», DAWM wiederum spricht nur von «Optimised Sampling». Der Anleger muss wissen, dass sich dahinter eine physische Replikation versteckt. Im Rahmen einer intelligenten Nutzerführung wären einfache Hilfestellungen für weniger erfahrene Anleger wünschenswert. Sampling wird vor allem bei breit aufgestellten Indizes – wie dem MSCI World mit seinen über 900 Indexmitgliedern – eingesetzt.

Aus Risikosicht sind Informationen zur Wertpapierleihe zentral. Mit dieser versuchen die Anbieter zusätzliche Erträge zu generieren, die schliesslich der Gesamtperformance zugutekommen. iShares, UBS und DAWM veröffentlichen alle relevanten Details zur Höhe der Sicherheiten wie auch dem verliehenen Anteil der verwalteten Vermögen. Die anderen Anbieter lassen den Anleger im Regen stehen: Ob und in welchem Umfang Wertpapierleihe betrieben wird, ist auf der Webseite nicht ersichtlich.

Wohin mit der Dividende?

Wichtig ist auch der Umgang mit Dividenden: Werden sie in den Fonds reinvestiert oder ausgeschüttet? Falls letzteres zutrifft: Wann und in welchem Umfang? Thesaurierende Produkte sind für Anleger geeignet, die den Erlös nicht direkt benötigen und einen langfristigen Vermögensaufbau verfolgen. Hierbei entstehen keine weiteren Gebühren und Anleger profitieren zudem vom Zinseszinseffekt.

Wer hingegen regelmässige Ausschüttung bevorzugt, sollte zu einem ausschüttenden Produkt greifen. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede: Der US-Anbieter State Street zeigt die genaue Dividendenrendite an einen Kalender, der die Ausschüttungen auflistet. Auch die UBS listet die einzelnen Zahlungen im Detail auf, fündig wird man auch bei iShares, Amundi, ComStage und DAWM. Bei Lyxor sucht man leider vergebens.

Viele Anbieter bieten nebst Basisdaten auch Zusatzfunktionen, Hintergrundinformationen, Know-how und Glossar an. Sie unterscheiden sich stark bezüglich Übersichtlichkeit, wobei sich Lyxor und ComStage ein Beispiel an ihren Konkurrenten nehmen könnten. Das wichtigste: Bei kaum einem Anbieter sind detaillierte Indexinformationen, beispielsweise die aktuelle Zusammensetzung oder die Indexmethodologie verfügbar. Letztlich steht die Indexwahl aber noch vor jener des ETF, dafür sind solche Daten unabdingbar.

Ganz generell gilt ausserdem: Die meisten Webseiten von Finanzproduktanbietern genügen den Ansprüchen einer digitalen Gesellschaft nicht. Design, Benutzerfreundlichkeit und einfache Funktionalität sollten ganz oben in der Agenda stehen, auch bei Finanzprodukten. Und erst Recht bei ETF.

Web 2.0

Die Digitalisierung wird bei ETF-Anbietern auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Immer mehr Anleger wollen die Informationen zudem auch via Smartphone und Tablet abrufen können. Die meisten ETF-Anbieter haben diesen Trend noch nicht erkannt, ihre Webseiten sind dementsprechend nicht optimiert für diese Geräte. Dass diese Faktoren in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden, haben bislang nur Amundi und ComStage erkannt.

Ebenso angezeigt ist eine bessere Erreichbarkeit, die über Email und Telefon hinausgeht. Anleger informieren sich im Netz, tauschen sich über soziale Kanäle aus – auch in der Finanzproduktwelt – und wollen auf diesem Weg auch mit den Anbietern in Kontakt treten. Beispielsweise über Twitter: In den USA informiert sich bereits ein grosser Teil der Anleger über diesen Kanal. Hier glänzen die Anbieter in der Schweiz unisono durch Abwesenheit.

Die Auftritte der Anbieter haben sich in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert, dennoch besteht noch Spielraum nach oben. Gerade in der Schweiz, wo die Verbreitung von ETF bei Privatanlegern derart tief ist, müssen alle Möglichkeiten der Kundenakquise ausgeschöpft werden – und dazu zählt eben auch, sich neuen Kommunikationswegen zu öffnen.

Wenn ETF weiterhin als einfache, transparente und flexible Anlageprodukte Erfolge feiern wollen, sind die technologischen Möglichkeiten streng zu verfolgen und entsprechend umzusetzen.


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