Die Weltwirtschaft lebt immer stärker auf Pump. Nur noch Schulden treiben das globale Wachstum. Eine gigantische Zeitbombe tickt immer lauter. Lässt sie sich noch entschärfen? Wenn ja, wie? Was definitiv keine gute Lösung ist: noch mehr Schulden zu machen.
Text: Marc Friedrich & Matthias Weik*Niemals zuvor war die globale Verschuldung höher. Um die Finanzkrise 2008 abzufedern, haben sich die Staaten in immer mehr Schulden gestürzt, um Banken zu retten, die Konjunktur anzukurbeln und das System zu stabilisieren. Aktuell beläuft sich der globale Schuldenberg auf 250 Billionen Dollar. Das sind gigantische 318 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (BIP). Das weltweite BIP beläuft sich auf 84,74 Billionen Dollar.
Das heisst, global gibt es dreimal mehr Schulden, als die gesamte Menschheit in einem Jahr an Wertschöpfung erarbeitet. Im Jahr 2000 produzierte die Welt Waren und Dienstleistungen für 45 Billionen Dollar. Der Schuldenstand betrug 87 Billionen Dollar. 2010 betrug das weltweite BIP 65 Billionen Dollar, die Schulden beliefen sich auf 200 Billionen Dollar. Das bedeutet: Für eine Steigerung des globalen BIPs um 20 Billionen Dollar von 2000 auf 2010 mussten 113 Billionen Dollar Neuschulden gemacht werden.
Das bedeutet, für 1 Dollar Wachstum hat sich die Welt mit 5,65 Dollar verschulden müssen. Für das BIP-Wachstum um 20 Billionen Dollar zwischen 2010 und 2019 wurden global 50 Billionen Dollar neue Schulden gemacht! Das ist immerhin noch das 2,5-Fache. Dies ist keinesfalls nachhaltig und auf Dauer zum Scheitern verurteilt.
Anleihenblase
Die Staats- und Unternehmensanleihen erklimmen immer neue Rekordhöhen. Auf der einen Seite verschulden sich Staaten dank immer niedrigerer Zinsen im Rekordtempo. Andererseits steigt auch bei den Unternehmen die Verschuldung kontinuierlich an. Sie investieren mit den aufgenommenen Krediten allerdings nicht etwa in Forschung, Entwicklung oder Wachstum, sondern in Aktienrückkaufprogramme. Goldman Sachs geht davon aus, dass seit 2010 zwei Drittel der Kursgewinne an den Aktienmärkten auf die Aktienrückkäufe zurückzuführen sind.
Alleine in den USA wurden 2018 Aktien im Volumen von einer Billion Dollar zurückgekauft. Im ersten Halbjahr 2019 ging es sogar nochmals eine Spur schneller, weil sich die Unternehmen über Anleihen immer günstiger verschulden können. In der Grafik (linke Spalte) ist ersichtlich, wie sich der amerikanische Aktienmarkt seit 1999 ohne Zinssenkungen (beziehungsweise bei gleichem Zinsniveau wie 1999) entwickelt hätte – jeweils ohne die Steigerungen der Gewinnspannen, ohne die Steuersenkungen für Unternehmensgewinnsteuern oder ohne Aktienrückkäufe. Fazit: Die Aktienindizes wären ohne diese Unterstützungsmassnahmen nicht annähernd auf dem heutigen Niveau
Zombieunternehmen auf dem Vormarsch
Der globale Staatsanleihenmarkt hat mittlerweile ein Volumen von zirka 60 Billionen Dollar. In diesem unvorstellbar grossen Markt passiert gerade etwas Absonderliches: Über 17 Billionen Dollar an Staatsanleihen werden global bereits negativ verzinst. Staaten werden also dafür bezahlt, wenn sie neue Schulden machen. Das betrifft 27 Prozent aller Staatsanleihen weltweit, Tendenz stark steigend. Insgesamt sind über 50 Prozent der europäischen Anleihen negativ verzinst, darunter sämtliche Schweizer Staatsanleihen. Auch die Eidgenossenschaft bezahlt mittlerweile nichts mehr für ihre Schulden, sie wird bezahlt. Das ist auch der Grund, warum die Staatsverschuldung netto sinkt.
Bei Unternehmensanleihen ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, bereits jede zehnte weltweit wird negativ verzinst. Tendenz ebenfalls stark steigend. Die Verschuldung von Unternehmen wächst kontinuierlich und dementsprechend gibt es immer mehr Zombieunternehmen, die schon lange nicht mehr konkurrenzfähig sind. Sie hätten längst vom Markt verschwinden müssen.
Aufkauf von Anleihen, Aktien, ETF
Die Frage ist nicht, ob die Blase platzt, sondern wann. Mit der irrsinnigen Gelddruckerei haben die Notenbanken das Ende der freien Marktwirtschaft und das Zeitalter der Planwirtschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) besiegelt. Der Risikoparameter Zins wurde abgeschafft. Dafür wurden an den Anleihen, Aktien- und Immobilienmärkten gigantische Blasen geschaffen, die den grössten Crash aller Zeiten auslösen werden.
Bei der nächsten Rezession müssen neben neuen Aufkaufprogrammen, die nicht nur Anleihen, sondern auch Aktien und ETF betreffen werden, die Zinsen drastisch gesenkt werden. In der Vergangenheit mussten die Zentralbanken die Zinsen um etwa 400 bis 500 Basispunkte senken, um eine drohende Rezession zu stoppen. Negativzinsen im Rahmen von minus vier bis minus fünf Prozent sind lediglich mit massiven Einschränkungen beim Bargeld möglich. Darunter Parallelwährungen oder sogar Negativzinsen auf Bargeldeinlagen.
Auch ein Goldverbot ist keinesfalls abwegig. Ferner werden wir Kapitalverkehrsbeschränkungen erleben, die heute noch unvorstellbar sind. Was soll man als Investor jetzt machen? Solange Notenbanker sich der Illusion hingeben, dass Probleme mit dem Drucken von Geld gelöst werden, können sich Anleger dem Wahnsinn nur durch Investitionen in Sachwerte entziehen. Zielführend ist der Erwerb von Gold und Silber.
Wahlweise kann auch in Sachwertfonds (Fonds, die tatsächlich ausschliesslich in Sachwerte investieren), Boden, Wald, Ackerland, Kryptowährungen oder sogar schottischen Whisky investiert werden. Fakt ist: Die Notenbanken können unendlich viele Euros, Dollar, Franken – aber keine Unze Gold drucken. Selbst die Notenbanken weltweit trauen ihrem eigenen Produkt, dem bedruckten Papiergeld, offenkundig selbst nicht mehr. Auch sie kaufen global verstärkt Gold.
Marc Friedrich & Matthias Weik* sind Ökonomen und bekannte Bestseller-Autoren. Das aktuelle Buch «Der grösste Crash aller Zeiten» – Wirtschaft, Politik, Gesellschaft. Wie Sie jetzt noch Ihr Geld schützen können.