Kolumne Peter Bänziger  Partner bei Belvalor AG

Sind Prognosen relevant für die Performance?

Jedes Jahr warten Ökonomen und Finanzexperten wieder mit neuen Zukunftsprognosen auf. Dass sie Jahr für Jahr falsch liegen, scheint sie nicht davon abzuhalten.

Oft gehen Herbststürme mit Turbulenzen an den Börsen einher. Aber trotz des schönen Sommers und der guten Wirtschaftslage sieht es für den Schweizer Aktienmarkt nach einem mässigen Jahr aus.

Die Wetterprognosen sind mittlerweile – mindestens mit einem Horizont von etwa einer Woche – sehr präzis geworden. Ich wünschte mir, dass meine Prognosefähigkeiten ähnlich genau wäre wie diejenigen der Meteorologen. Wie immer gegen Jahresende versuchen viele Ökonomen und Strategen, den Börsenverlauf des nächsten Jahres vorauszusehen. Und wie immer, wenn die Aktienmärkte korrigieren, sehen die Ökonomen eine Rezession voraus, im nächsten oder vielleicht im übernächsten Jahr – aber sie kommt ganz bestimmt, irgendwann.

In dieser Jahreszeit werden auch von allen Fachleuten Börsenprognosen für 2019 publiziert. Praktisch alle beginnen mit dem erwarteten Wirtschaftswachstum für das kommende Jahr. Dazu werden allerlei Daten herangezogen: Vorlaufindikatoren (beispielsweise Einkaufsmanager-Indizes), Schätzungen von Konjunkturforschungsstellen wie der ETH (KOF) und von den Ökonomen und Strategen der Finanzinstitute.

Intuitiv würden wir Folgendes denken: Wenn die Wirtschaft gut oder weiterhin gut läuft, dann wird das kommende Börsenjahr positiv ausfallen und umgekehrt. Wenn Sie und ich also das Wirtschaftswachstum exakt voraussagen könnten (wie die Wetterprognose für morgen) – würde diese Prognosefähigkeit auch mit einer guten Performance belohnt werden?

Um die Beziehung zwischen dem jährlichen realen Wirtschaftswachstum der Schweiz und der jeweiligen Performance des SPI zu klären, wenden wir uns am besten historisch gesicherten Zahlen zu: Im Jahr 1990 wuchs die Wirtschaft um 3,7 Prozent, die Performance des SPI betrug minus 20,18 Prozent. In den Jahren 1991 bis 1993 schrumpfte das BIP jeweils, während der Aktienmarkt zweistellige Gewinne von 15,91 Prozent, 17,65 Prozent respektive 50,81 Prozent erzielte.

Aber es gab auch Perioden mit länger anhaltendem Wirtschaftswachstum. Zum Beispiel 1995 bis 2000, in denen unsere Intuition, wonach Wirtschaftswachstum mit einem positiven Börsenverlauf einhergeht, gestimmt hätte. Aber auch wenn wir die Jahre nach 2000 betrachten, war das Wirtschaftswachstum ein sehr schwacher Indikator für die Börsenentwicklung. Selbst wenn wir für diese einfache Zahl eine Kristallkugel hätten: Nützen würde sie uns nicht viel.

Eine ausreichende Diversifikation mit einem Portfolio von Unternehmen, die ihre Kapitalkosten nachhaltig übertreffen, ist das bessere Rezept. Der grosse Vorteil dieses Vorgehens: Diese Zahlen sind bekannt. Wenn Sie als Anleger zudem leicht antizyklisch agieren und in «vernünftig» bewertete Aktien solcher Unternehmen investieren, werden Sie langfristig mehr Erfolg haben, als wenn Sie den Prognosen von Auguren glauben.

Sollten Sie also im Dezember 2018 meine Prognosen für 2019 lesen, denken Sie daran: Ich weiss es auch nicht. Also halte ich mich bei der praktischen Umsetzung auch im nächsten Jahr an das bewährte Rezept.

*Belvalor ist ein unabhängiger Schweizer Vermögensverwalter. Peter Bänziger ist bei Belvalor als Chief Investment Officer und Partner tätig.


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