«Swapbasierte ETF sind nicht en vogue»

Synthetisch replizierte ETF werden immer seltener. Andreas Homberger über die Vor- und Nachteile der Produkte.

Text: Barbara Kalhammer

In der Vergangenheit haben zahlreiche ETF den Index mittels Derivaten nachgebildet, doch nun stellen vermehrt Anbieter auf physisch replizierte ETF um. Sind wir Zeugen eines Trends?

Ja. Die Deutsche Bank hat bereits vor einiger Zeit ihre swapbasierten ETF weitgehend umgestellt und auch Lyxor hat Anpassungen vorgenommen beziehungsweise angekündigt. Die beiden waren die grössten swapbasierten Anbieter. Source wird demnächst eine Plattform für physisch replizierte ETF anbieten. Andere wie UBS und iShares haben schon früher vermehrt auf physisch replizierte ETF gesetzt.

Wo sehen Sie die Gründe dafür?

Letzten Endes ist es eine Anpassung an veränderte Kundenbedürfnisse. Swapbasierte ETF sind durch die Finanzkrise wegen des inhärenten Gegenparteirisikos in Verruf geraten und dementsprechend hat man auf physisch replizierte ETF umgestellt. Der durchschnittliche Privatkunde versteht kaum, was ein Swap ist, und lässt darum von den Produkten die Finger. Zudem wächst das passive Geschäft stark und die Anbieter versuchen Synergien zu nutzen. So haben sie ein Team, das passive Fonds oder Managed Accounts für institutionelle Kunden anbietet und gleichzeitig auch für ETF zuständig ist. Dadurch kann verstärkt intern gehandelt werden.

Gibt es auch regulatorische Gründe für die Abkehr von Swaps?

Ja, durch die verschärften Eigenmittelvorschriften sind sie teurer geworden. In den vergangenen Jahren entstanden Richtlinien, wonach die Banken mehr Eigenkapital halten müssen.

Synthetische ETF haben ja auch ihre Vorteile, sie ermöglichen beispielsweise Zugang zu exotischen Märkten.

Das ist so und man wird auch nicht alle Produkte umstellen können. Ein Beispiel dafür ist Grossbritannien, denn dort beträgt die Stempelsteuer beim Kauf von Aktien 0,5 Prozent. Bei einer physischen Replikation würden diese 0,5 Prozent auf jede Transaktion anfallen. Mit Swaps können diese Kosten umgangen werden. Auch Aktienindizes mit sehr vielen Titeln und Obligationen-indizes werden aus Effizienzgründen kaum auf eine Vollreplikation umstellen.

Hier setzten die Produktanbieter aber vielfach auf das Sampling.

Richtig. Physische Replikation heisst nicht, dass tatsächlich alle Titel aus dem Index gekauft werden. Rund 1645 Titel, wie sie beispielsweise im MSCI World zu finden sind, kauft kaum ein Fonds. Es gibt auch Bondindizes mit mehreren Tausend Werten. Bei denen reicht es, einen Bruchteil zu kaufen, um den Markt sehr präzise abzubilden.


Bieten synthetische ETF eine genauere Abbildung?

Auch mit physischer Replikation kann eine exakte Abbildung erreicht werden. Die Frage ist, ob dies mit vernünftigem Aufwand und Kosten möglich ist. Beim EuroStoxx 50 etwa ist ein exaktes Tracking auch physisch möglich. Bei breiter gefassten Indizes jedoch ist eine physische Replikation anspruchsvoller. Man muss sich entscheiden zwischen Kosten und Präzision. Je nachdem, was der Swap kostet, kann mit einem synthetisch replizierten ETF beides erreicht werden.

Der Tracking Error ist bei swapbasierten ETF also nicht per se tiefer?

Nein, es hängt davon ab, wie die Abbildung erfolgt und wie schwierig sie sich gestaltet. Es gibt jedoch nur wenige Märkte, in denen der Einsatz von swapbasierten ETF definitiv besser ist.

Anbieter haben lange an der Sicherheit der Produkte gefeilt. Haben diese Massnahmen nicht gefruchtet?

Durch diese Massnahmen werden die Produkte eher unverständlicher, denn viele Privatanleger haben bereits Mühe, den Swap an sich zu verstehen. Dennoch ist eine Übersicherung natürlich von Vorteil, denn dank ihr hat der Anleger kein Gegenparteirisiko mehr.

Wo sehen Sie bei synthetischen ETF die grössten Risiken?

Wenn keine Besicherung von mindestens 100 Prozent besteht, dann beim Gegenparteirisiko. Des Weiteren werden die Swaps im ausserbörslichen Handel abgeschlossen. Es ist suboptimal, möglicherweise nur eine Gegenpartei zu haben, mit der gehandelt wird.

Die Anbieter haben aber versucht mehrere Gegenparteien miteinzubeziehen.

Damit sie dann sagen konnten, das Gegenparteirisiko sei nicht allzu gross. Insgesamt darf gemäss der Ucits IV-Richtlinie der unbesicherte Swap-Anteil nur maximal 10 Prozent des Nettoinventarwertes des Fonds betragen.

Anleger sollten auch über die Art des Swaps Bescheid wissen. Wo liegen die Unterschiede von Fully Funded und Unfunded?

Gemäss einer Definition von Morningstar transferiert bei der ersten Variante der Anbieter das Geld der Anleger zum Swap-Kontrahenten. Dieser investiert es dann in einen Aktienkorb, der in ein separat geführtes Konto bei einer unabhängigen Depotbank als Sicherheit eingelegt wird. Hierbei trägt der Anleger das volle Gegenparteirisiko.

Wie sieht es bei ungedeckten Swaps aus?

Dabei legt der Anbieter die Gelder selbst in einen Korb aus Aktien an. Dieser sogenannte Substitutionsbasket hat in der Regel wenig mit dem Index selbst zu tun und kann beispielsweise auch Staatsanleihen oder liquide Blue-Chips enthalten. Der ETF tauscht dann die Rendite der Benchmark gegen diejenige des Substitutionsbaskets. Die Swap-Gegenpartei ist in der Regel eine spezialisierte Investmentbank. Diesen Unterschied kennen jedoch die wenigsten Anleger.

Würden Sie swapbasierte ETF verwenden?

Wir wählen ceteris paribus immer den physisch replizierten ETF. Das heisst nicht, dass wir keine swapbasierten ETF einsetzen würden,- aber tendenziell sind wir vorsichtig. In der Regel wollen auch unsere Kunden die Produkte nicht.

Gibt es dennoch Märkte, wo Sie swapbasierte ETF einsetzen?

Ja, beispielsweise für Rohstoffe. Hier gibt es ausser bei Edelmetallen keine physisch replizierenden Fonds. Wenn man die etwas übertriebene Diskussion über die Risiken der Produkte ausblendet, dann sind die synthetischen ETF nicht wirklich schlechter – aber im Moment nicht en vogue.

Die Risiken sind also überschaubar?

Ja, durch die Übersicherung sind die Gegenparteirisiken gesunken, aber die Kosten sind sicher höher geworden.

Werden synthetische Produkte irgendwann ganz verschwinden?

Im Moment haben die Produkte eine schlechte Reputation, dass es kurzfristig sicherlich noch weniger werden dürften. Der Markt und die Öffentlichkeit haben sich derzeit auf die Risiken eingeschworen. Ein völliges Verschwinden sehe ich aber nicht. Und wer weiss, vielleicht gibt es irgendwann eine Regulierung, die das Halten und Kaufen von Einzeltiteln schwieriger macht. Dann würde das Pendel wieder in die andere Richtung schlagen.

Andreas Homberger, Leiter Research der Hinder Asset Management AG
sentifi.com

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