Van Eck startet mit zwei Gold-ETF an der Schweizer Börse. Lars Hamich gibt im Interview einen Einblick in die Europa-Strategie und die Unternehmenskultur.
Text: Barbara KalhammerHerr Hamich, Van Eck listet hierzulande zwei Gold-ETF. Wo liegen die Unterschiede zu Konkurrenzprodukten?
Das Umfeld für Gold war in der Vergangenheit nicht sehr gut, aber wir gehen davon aus, dass sich die Situation verbessert. Kurz gesagt bieten wir mit dem Junior-Goldminen-Produkt Zugang zu Minenbesitzern weltweit, die noch nicht selbst produzieren. Oftmals werden diese Ziel von Übernahmen und so profitieren Anleger von der Übernahmeprämie. Das zweite Produkt bietet eine effiziente Möglichkeit, in Unternehmen zu investieren, die bereits Gold produzieren und das ebenfalls weltweit.
Ist es nicht etwas gewagt, ausgerechnet in der jetzigen Lage Goldminenaktien zu lancieren?
Wir warten nicht auf den optimalen Zeitpunkt. Das Umfeld ist jetzt wieder stabil. Wir erlebten 2011 einen Wachstumsmarkt, doch mit dem sinken Preisniveau brachen viele Business-Modelle zusammen, die Minen waren darauf nicht vorbereitet. In den letzten Jahren wurden nun aber die Produktionskosten gesenkt, das Angebot wurde reduziert und die Nachfrage aus Asien entwickelt sich gut. Dieses Umfeld sorgt für Stabilität.
Werden Sie Ihre gesamte Palette importieren oder auch spezifische ETF für Europa listen?
Für die zweite Jahreshälfte planen wir, weitere bestehende Produkte aus den USA in Europa zu listen. Im Vordergrund stehen dabei Produkte, die es hier noch nicht gibt. Da Ucits bei hohen Ausschüttungen steuerliche Vorteile bietet, wird der Fokus auf Dividenden und Fixed Income liegen, allerdings abhängig vom Marktumfeld. In einem weiteren Schritt werden wir auch Produkte speziell für den europäischen Markt entwickeln.
Nützt es den Anlegern, dass die Zahl der Produkte und Anbieter kontinuierlich steigt?
In der Regel ist mehr auch besser. Aber für Anleger ist es nicht einfach. Die Frage ist, wie dem Kunden die Möglichkeit geboten werden kann, das richtige Produkt auszuwählen. Dimensionen wie der Strukturierte-Produkte-Markt in seiner Hochphase wird der ETF-Markt aber nicht erreichen. Zudem wird es zu einer Selbstreinigung der Branche kommen, nicht alle Anbieter werden die nächsten zwei bis drei Jahre überstehen. Für Anleger wäre eine neutrale Plattform wichtig, auf der Anleger die Produkte filtern können.
In Europa gibt es viel mehr Produkte als in den USA, obwohl die verwalteten Vermögen viel tiefer sind. Woran fehlt es in Europa, dass der Markt nicht besser in die Gänge kommt?
Dafür gibt es mehrere Ursachen. Die USA zeichnen sich durch zwei Börsen, eine Sprache und eine Kultur aus. Europa hingegen hat zahlreiche Sprachen, Kulturen und Börsen. ETF-Anbieter müssen sich somit fragen, an welcher Börse sie wann listen wollen. Darüber hinaus ist auch die Liquidität der verschiedenen Börsen sehr unterschiedlich. Europa hat noch nicht eine Aktienkultur wie in den USA entwickelt und ist mehr im Bereich aktiver Fonds angesiedelt. Dies wird sich aber wandeln.
Bieten in den USA wie in Europa die Anbieter ähnliche Paletten an?
Nein, in Europa ist die Zahl der Produkte so hoch, weil viele grosse Anbieter das gleiche Mainstream-Programm anbieten. Zudem ist in den USA die Vielfalt bei Aktien und Obligationen grösser. Europa und Asien haben aber schon kräftig aufgeholt und werden dies weiter tun, so dürfte sich das Verhältnis von USA 70 Prozent Marktanteil zu restliche Welt 30 Prozent weiter angleichen.
Wo sehen Sie in Europa auf Produkteebene Bedarf und Wachstumspotenzial?
Sicher gibt es noch Möglichkeiten im Obligationenbereich, wie sich in den USA zeigt. Wichtiger als die Zahl der Produkte ist es ausserdem, dass Kategorien eine gewisse Grösse und damit Liquidität erreichen. Van Eck versucht, die kritische Marke zu erreichen, sodass Institutionelle die Produkte kaufen können. Bei der Anzahl wollen wir konservativ sein, dafür sind wir risikofreudig bei der Eroberung neuer Märkte.
Sie selbst waren lange beim Indexanbieter Stoxx tätig. Wie wichtig ist Ihnen heute die Indexauswahl und wie erfolgt diese?
Extrem wichtig. Der Index wird in der Anlageentscheidung in der Regel jedoch nicht ausreichend gewürdigt. Vergleicht man beispielsweise unseren Afrika-Index mit jenen von anderen Anbietern, so zeigt sich, dass sich die Branchengewichtung stark unterscheidet. Da in unserem Barometer auch Titel berücksichtig werden, die in London gelistet sind, aber einen Grossteil der Umsätze in Afrika erwirtschaften, haben nicht Finanzwerte sondern Minenunternehmen den grössten Anteil.
Das heisst, ein Blick auf die Zusammensetzung ist unumgänglich?
Absolut, man muss sich damit auseinandersetzen, was man im Index haben möchte. Zudem ist die Liquidität des ETF wie jene des Marktes, darum ist die Titelselektion entscheidend. Wenn wir der Ansicht sind, dass wir einen Index besser machen könnten, dann schlagen wir einen eigenen Weg ein und grenzen uns von der Konkurrenz ab.
Jahrelang hörte man, ETF-Anbieter sollten die Indizes von unabhängigen Anbieten bevorzugen. Nun kreiert mit Market Vectors ein weiterer Anbieter seine eigenen Barometer. Wo liegen die Gründe dafür?
Viele Indizes wurden von Investmentbanken am Trading Desk berechnet. Diese Nähe war nicht unproblematisch. Unsere Indexfirma hingegen ist völlig unabhängig. In Europa arbeiten wir aktuell daran, eine Zertifizierung zu erhalten, wie wir sie in den USA bereits besitzen.
Macht es das für Anleger nicht noch unübersichtlicher?
Als neuer Anbieter machen wir auch das Leben hier sicher nicht einfacher, aber wir gleichen das durch eine hohe Transparenz wieder aus. Unsere Daten sind kostenlos auf unserer Index-Webseite abrufbar, während man bei grossen Indexanbietern in der Regel für den Datenzugang bezahlen muss.
Abschliessend, Van Eck ist ja eigentlich kein neuer Anbieter in Europa, Sie sind bereits seit 2008 in Europa vertreten. Was gab den Ausschlag, ausgerechnet nun ETF nach Ucits-Recht zu listen?
Das war ein Prozess. 2006 haben wir begonnen, eine Kundenbasis ausserhalb der USA aufzubauen. Insgesamt verwalten wir nun 35 Milliarden Dollar, davon 25 Milliarden im ETF-Bereich. Etwa 40 bis 50 Prozent stammen von rund 70 Staaten ausserhalb der USA. Durch die Verschärfung der EU-Regulierungen für Privatplazierungen war die Einführung von Ucits-Produkten nötig.
Sind heute beide Varianten erhältlich?
Ja, die Kunden können die zwischen US- und Ucits-Produkt wählen. Es gibt durchaus Anleger, die Ucits-Produkte aus regulatorischer Sicht bevorzugen. Zudem haben die Regelungen, beispielsweise steuerlicher Art, Auswirkungen auf die Ausschüttungen. Die Schweizer Kunden haben vielfach unsere US-Produkte gekauft und waren damit sehr zufrieden.
Was erwarten Sie vom hiesigen Markt und von Europa?
Durch unseren vorhandenen Kundenstamm haben wir für den Anfang etwas Rückenwind. In der Vergangenheit durften einige Kunden die US-Produkte nicht kaufen. Dank Ucits haben wir mehr Kundenpotenzial und sind auch in der Lage, offener mit dem Markt zu kommunizieren.
Lars Hamich ist Geschäftsführer von Van Eck Global (Europe)