Kolumne
Lidia Bolla
Lidia Bolla  CEO & Co-Founder vision&

Warum es noch nicht funktioniert

Lidia Bolla schreibt über die Tücken des passiven Investierens bei Krypto-Assets.

Wir sind grundsätzlich grosse Verfechter des passiven Anlegens. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass aktive Aktienfonds keine konsistente Outperformance liefern. Als wir mit vision& eine Vermögensverwaltung für Blockchain-Anlagen aufbauten, hatten wir somit ursprünglich vor, ausschliesslich passive Investmentstrategien anzubieten. Gut, dass wir vor dem Launch noch ein paar Studien zu den besten Implementierungsmöglichkeiten gemacht haben…

Die Erkenntnis war ernüchternd: Passives Investieren in Krypto-Anlagen funktioniert nicht – noch nicht. Passiv investieren bedeutet beispielsweise, die grössten 20 Titel eines Segments zu halten. Das Problem im Krypto-Markt: Die Top 20 von heute sind nicht die Top 20 von morgen. Aufgrund der sehr hohen Volatilität ist die Zusammensetzung eines solchen Portfolios äusserst instabil. Vier der heute 20 grössten Blockchain-Projekte existierten vor einem Jahr noch nicht einmal. Neue Projekte wachsen unglaublich schnell und können innerhalb weniger Wochen zu den ganz Grossen gehören. Die Zusammensetzung der grössten Krypto-Anlagen ist etwa so stabil wie die Musik-Hitparade.

Wie kann man in einem solchen Umfeld sinnvoll passiv Geld anlegen? Eine mögliche Variante: immer in die zum jeweiligen Zeitpunkt grössten zwanzig Krypto-Anlagen investieren. Dies führt aber nicht nur zu sehr hohen Transaktionskosten, obendrein werden Investitionen in Projekte getätigt, die möglicherweise ungerechtfertigt rasant an Marktwert gewonnen haben, sogenannte Pump & Dump Schemes. Wer will schon Justin Biebers «Baby» im Portfolio haben?

In der zweiten Variante wird ein fixes Portfolio der historisch wichtigsten Krypto-Anlagen gehalten (etwa Bitcoin, Ethereum oder Ripple) – gerne vergleichen wir das mit einer Investition in die zeitlosen Klassiker der Musikgeschichte. Nun birgt aber auch dieses Vorgehen ein Problem: Wir befinden uns am Anfang einer technologischen Revolution. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die aktuell wichtigsten Krypto-Projekte nicht die zukünftig wichtigsten Projekte sein werden. Bei der letzten technologischen Revolution haben nicht MySpace, AltaVista und Napster das Rennen gemacht, sondern Facebook, Google und Spotify. Investiert man passiv in die historischen Klassiker, kann man schnell den Zugang zu den zukünftigen Gewinnern der Revolution verpassen. Auch wenn wir alle «Purple Rain» lieben, unsere Kinder bevorzugen zukünftig vielleicht andere Prinzen.

Es ist somit im aktuellen Entwicklungsstadium – leider – noch nicht sinnvoll, den Krypto-Markt passiv abzubilden. Neben Kriterien wie Marktkapitalisierung muss vielmehr eine umfassendere Evaluation zu Themen wie Projektstadium, Community, Technologie, Team, Handels- und Aufbewahrungsmöglichkeiten oder Liquidität erfolgen. Nur so bekommt man einen sicheren Zugang zu den technologischen Gewinnern von morgen und ist weniger anfällig für die Marktübertreibungen von heute. Oder einfacher: Lasst uns den Heuhaufen durchsuchen, die One-Hit-Wonders aussortieren und mit den Talenten, die das Zeug zum Weltstar haben, früh eine Beziehung aufbauen.

Dr. Lidia Bolla ist Mitgründerin & CEO von vision&


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