Die Blockchain wird als Innovation des Jahrzehnts gehandelt und hat das Potenzial, das Finanzsystem grundlegend zu verändern. Erste Pilotprojekte sind bereits im Einsatz, zudem zeigen immer mehr Anleger Interesse an digitalen Vermögenswerten. Krypto-Banking ist definitiv da – doch noch ist die Welt komplex und undurchsichtig.
Text: Rino BoriniDie Bankenwelt befindet sich im Umbruch. Im Kerngeschäft erodieren die Margen, Filialen müssen aufgrund des veränderten Kundenverhaltens geschlossen werden, Fremdanbieter versuchen entlang der Wertschöpfungskette, die Gunst der Kunden mit einfachem Banking zu gewinnen. Doch damit nicht genug: Mit Aufkommen der Distributed Ledger Technologie (DLT) entstehen komplett neue Geschäftsmodelle, auch ausserhalb der Bankenindustrie.
Die erste und bekannteste Anwendung einer Blockchain ist die Kryptowährung Bitcoin. Eine Person oder Gruppe mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto entwickelte die Technologie 2008 als Antwort auf das Versagen von Banken und Regierungen während der Finanzkrise. Aus dieser Skepsis gegenüber Vermittlern resultierte das Open-Source-Prinzip der Bitcoin-Blockchain: Das neue Transaktionsregister sollte keine zentrale Instanz mehr erfordern und offen sein für alle. Inzwischen ist rund um die Blockchain und digitale Vermögenswerte ein beachtliches Ökosystem entstanden – und die Schweiz mischt ganz vorne mit.
Rechtssicherheit
Auch der Bund hat auf die neue Technologie reagiert. Ende 2019 beschloss der Bundesrat (Medienmitteilung), das bestehende Recht für die Blockchain-Technologie anzupassen, National- und Ständerat gaben der Vorlage in diesem Jahr einstimmig grünes Licht. Damit erhält die Schweiz eine der innovationsfreundlichsten Blockchain-Regulierungen der Welt.
Das Aufkommen der Blockchain-Technologie und der darauf basierenden Digital-Assets wird die Struktur des Finanzmarkts grundlegend verändern. Einerseits gewinnen Krypto-Assets verstärkt die Aufmerksamkeit der Investoren, sie sehen diese Vermögensklasse als attraktive Portfolioergänzung mit Renditepower. Auf der anderen Seite wird durch DLT die Effizienz in der Kapitalbeschaffung und im internationalen Zahlungsverkehr erhöht. Die Abwicklung und Übertragbarkeit von Vermögenswerten, die heute zwei bis drei Tage in Anspruch nehmen, werden in Echtzeit abgewickelt. Es wird ein Zug-um-Zug-Geschäft, ohne Verzögerungen. Vermögenswerte werden also nicht nur schnell übertragen, sondern auch nahezu risikolos.
CCFE – zertifizierter Lehrgang
Für den Finanzplatz und die hiesigen Banken eröffnet diese Entwicklung enorm viele Chancen, wie die Erweiterung bestehender Dienstleistungen, vor allem jedoch für die Etablierung neuer Geschäftsmodelle mit neuen Einkommensströmen. Dies verlangt jedoch von Anlegern wie auch den Bankberatern ein Verständnis für die neuen Möglichkeiten. Mehrere Fachhochschulen haben bereits entsprechende Weiterbildungen im Angebot, etwa die HSLU Luzern oder die HWZ Zürich. Auch an den Universitäten erhält das Thema immer mehr Gewicht. Die Universität Basel hat sogar eigens das Center for Innovation Finance aufgebaut.
Im Dezember letzten Jahres ist zudem der schweizweit erste Zertifizierungslehrgang «Certified Crypto Finance Expert CCFE» ins Leben gerufen worden (Transparenzhinweis: Die Herausgeber von 10×10 sind am CCFE beteiligt). Die Teilnehmenden lernen nicht nur die Theorie von Blockchain, Tokenisierung und Krypto-Assets, sondern werden mit bestehenden Anwendungsfällen konfrontiert. Dabei profitieren sie von den Erfahrungen der Experten, die allesamt aus dem Krypto-Banking kommen. CCFE ist die einzige Krypto-Weiterbildung in der Schweiz, die hybrid aufgebaut ist: Teilnehmende können den Lehrgang physisch in Zürich absolvieren – oder virtuell von zuhause oder irgendwo. Im August wurden die ersten CCFE-Absolventen diplomiert.