Wertpapierleihe als Renditequelle

Dank der Wertpapierleihe können die Erträge aus ETF gesteigert werden. Damit gehen Anleger jedoch auch ein grösseres Risiko ein.

Text: Barbara Kalhammer

Die Wertpapierleihe wird sowohl bei Fonds als auch ETF eingesetzt. Was genau ist darunter zu verstehen?

Wertpapierleihe ist eine übliche Praxis im Fondsmanagement. Fonds können Wertpapiere wie Aktien und Obligationen gegen Sicherheiten an andere Marktteilnehmer verleihen, die diese Wertpapiere unter anderem für Leerverkäufe verwenden. Bei knappen Wertpapieren kann der Verleiher eine Leihgebühr verlangen. Auch die Sicherheiten können reinvestiert werden,  um zusätzliches Einkommen zu generieren. Bei Bedarf kann der Fonds die Wertpapiere jederzeit zurückfordern.

Welche Vorteile bietet die Wertpapierleihe?

Unser Leihgeschäft ist eine zusätzliche Renditequelle für unsere Anleger. Alle Nettoerträge aus Leihgeschäften fliessen an die Fonds zurück, Vanguard selbst behält keine Gewinne ein. Vanguard hat daher seit langem ein Programm zur Wertpapierleihe, das allerdings unsere europäischen beziehungsweise irischen ETF derzeit noch nicht miteinschliesst.

Welche Risiken müssen berücksichtigt werden?

Anlagen sind immer mit Risiken verbunden, die Wertschriftenleihe ist keine Ausnahme. Die grösste Gefahr ist ein Ausfall der Gegenpartei. Dieses Risiko kann jedoch durch sorgfältige   Überprüfung des Kreditnehmers und solide Barbesicherung begrenzt werden. Das Reinvestitionsrisiko bezeichnet die Gefahr einer negativen Rendite oder auch eines Ausfalls, wenn der  Kreditgeber die Barsicherheiten reinvestiert. Auch dieses Risiko kann durch umsichtiges Management begrenzt werden.

Welchen Ansatz verfolgt Vanguard?

Bei Leihgeschäften ist unser Ansatz äusserst konservativ. Wir verleihen Wertpapiere nur an eine sehr begrenzte Anzahl von ausgewählten Brokern, wobei wir einen bestimmten  Kreditrahmen strikt einhalten. Ausserdem verleihen wir nur eine begrenzte Anzahl knapper Wertpapiere, für die wir eine höhere Prämie erhalten, anstatt auf hohe Volumina zu setzen.  Dadurch reduzieren wir das Gegenparteirisiko. Auch unsere Richtlinien zur Reinvestition setzen auf Risikominimierung.

Welche Sicherheiten werden akzeptiert und sind Übersicherungen die Regel?

Die Höhe der Besicherung hängt von der Bewertung durch den Kreditgeber und die Art der Besicherung. In Europa sind Barsicherheiten weniger üblich als beispielsweise Aktien und Obligationen. In diesen Fällen ist eine Übersicherung von 105 Prozent nicht ungewöhnlich. Vanguard akzeptiert allerdings ausschliesslich Cash und Zahlungsmitteläquivalente. Die  Wertpapierleihe könnte künftig deutlich stärker reguliert werden. Die gesamten Nettoeinnahmen sollen in den Fonds zurückgeführt und die operativen Kosten veröffentlicht werden.

Was halten Sie davon?

Insgesamt begrüsst Vanguard das Ziel der Regulierungsbehörden, mehr Transparenz für die Anleger zu erzielen und das Risikomanagement zu verbessern. Insbesondere die Vorgabe,
100 Prozent der Nettoerträge aus Leihgeschäften an die Fonds auszuschütten, unterstützen wir ausdrücklich. Dies entspricht auch unserer Vorgehensweise. Der Vorteil liegt auf der  Hand: Diejenigen, die das Risiko tragen – und das sind schliesslich die Anleger – erhalten auch die Gewinne. Und zwar nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang.

Jacques-Etienne Doerr, Managing Officer bei Vanguard Investments Switzerland
sentifi.com

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